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Fakten zur Aufführung 

DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN
(Igor Strawinsky)
29. September 2010
(Premiere:13. September)

Üstra Betriebshof Döhren

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In Schächten, auf Schienen…

Igor Strawinsky schrieb sein Musiktheater Die Geschichte vom Soldaten 1918 in bewusster Abkehr vom etablierten Betrieb. Nicht für eine große Bühne mit dem üblichen Aufwand ist das Stück konzipiert, sondern für sieben Instrumentalisten und drei Schauspieler. Eine feste Bühne ist nicht nötig, Strawinsky wollte an die Tradition der Schaubuden und fahrenden Theater anknüpfen. So ist die Geschichte vom Soldaten, der erst nur seine Geige, später sein Leben dem Teufel übergibt, als Wandertheater konzipiert. Dass dieser Begriff auch innerhalb einer Aufführung zur Geltung kommen kann, zeigte jetzt eine Produktion, die das Orchester im Treppenhaus in Hannover in Zusammenarbeit mit dem städtischen Verkehrsbetrieb zeigte.

Das Publikum wartet vor einer Straßenbahn-Halle auf einem der Betriebshöfe. Darin spielt der erste Teil der Geschichte, vor der Kulisse einer Sammlung alter Straßenbahnwagen aus den verschiedenen Zeiten. Dann geht’s auf die Schiene. Zwei Wagen, die ihren Betrieb in den späten 20er Jahren aufgenommen haben, bringen das Publikum oberirdisch und durch Hannovers U-Bahn-Tunnel zum Schauplatz des zweiten Teils der Geschichte vor der Stadthalle. Auf dem Weg dahin, damit die Unterbrechung nicht gar zu lange ist, geht es schon im Wagen weiter – immer auch mit Improvisationen, das Publikum wird mit einbezogen. Für den dritten Teil – der mit der Höllenfahrt des Soldaten endet – geht’s dann unter die Erde, zurück durch die Tunnel auf ein unterirdisches Abstellgleis, das sonst niemals Fahrgäste zu sehen bekommen.

Die drei Schauspielstudierenden Nora Decker, Jan Jaroszek und David Müller machen ihre Sache mit größter Freude am Stück, das Orchester im Treppenhaus unter seinem Leiter Thomas Posth steuert Strawinskys ebenso minimalistische wie kraftvoll-prägnante Musik dazu ebenbürtig bei. Nora Somaini, Regisseurin und Professorin für Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hannover, bezieht Schauspieler und Musiker gleichermaßen in die Regie ein und lotst alle Beteiligten sicher durch die Klippen der ebenso ungewöhnlichen wie spannenden Spielorte.

Durch die Ortswechsel und das nostalgisch-gemächliche Reisen mit den alten Straßenbahnwagen zieht sich die Aufführung über gut drei Stunden, die überwiegend im Stehen zu verbringen sind. Dass die Zeit nicht lang und die Standfestigkeit nicht müde wird, spricht für den Elan der Aufführung. Begeisterter Beifall an Ende belohnt ein Stück Musiktheater, das es in dieser Form gern öfter geben könnte.

Christian Schütte

 









 
Fotos: Daniel Kunzfeld