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Fakten zur Aufführung 

ORPHEUS IN DER UNTERWELT
(Jacques Offenbach)
6. Februar (Premiere)

Hochschule für Musik und Theater Hannover


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Zur Hölle mit dem Himmel…

… diesen Satz schreiben sie nicht nur mit Spraydosen in Schwarz an den weißen Bühnenhintergrund im 2. Akt, so benehmen sie sich auch beim Einzug in die Unterwelt – die Götter in Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt, den die Hochschule für Musik und Theater Hannover als ihre jährliche Musiktheaterproduktion herausbrachte. Matthias Remus, szenischer Leiter der Opernabteilung und somit Hausregisseur der Hochschule, bringt die Geschichte mit gewohnt klaren Bildern auf die Bühne, für die ihm Grigorij Kravchenko und Fabian Siepelmeyer den Raum entwarfen. Das Ehedrama zwischen Orpheus und Eurydike spielt sich vor dem Prospekt einer waldig-hügeligen Landschaft ab, die Götterwelt ist ganz in weiß – Bühne und Kostüme –, die Unterwelt dann ganz in schwarz, ein paar orangefarbene Matratzen deuten Feurigkeit und Frivolität des Ortes an. Dass die Götter eher reine Wesen sein sollten, wogegen es bei den Kollegen in der Unterwelt schon etwas schlüpfriger zugeht, erzählen die witzigen, fantasievollen Kostüme, für die Christin-Marlen Freyler, Kamilia Grochowski und Mara Stricker verantwortlich zeichnen. Bühne und Kostüme sind – wieder einmal – ein Glücksfall an Kreativität und Experimentierfreude durch Studierende des Studiengangs Szenographie – Kostüm an der Fachhochschule Hannover – und das bei ebenso gewohnt knappen Mitteln.

Das Stück ist an sich schon eine herrliche Parodie auf die Kunstform Oper, auf die Gesellschaft und die Kunst überhaupt – hier wird dies durch Ergänzungen und Abwandlungen im gesprochenen Text zusätzlich gespickt mit dezenten satirischen Anspielungen auf den Hochschul- und Universitätsbetrieb, der durchaus aufs Korn genommen wird. Die Gesangstudenten haben daran offensichtlich sehr große Freude, wie überhaupt an diesem ganzen Stück. So viel unverbrauchte Spiellaune, so viel Leichtigkeit und Charme im unbekümmerten Spiel auf der Bühne täte manch routiniertem Theaterbetrieb oftmals gut. Sängerisch zeigt sich einmal mehr, was für eine erfolgreiche Stimmschmiede die hannoversche Hochschule ist. Aus dem durchweg gut besetzten, großen Ensemble ragen Simon Bode mit seinem tragfähigen, gut fokussierten – und bereits staatstheatererprobten – Tenor als Orpheus, Panos Jabuldakis als herrlich karikierender Pluto, Josefine Göhmann als vor allem gegen Ende koloraturenstarke Eurydike und Neele Kramer, die als öffentliche Meinung gekonnt zwischen Sprech- und Gesangspartie wechselt, hervor. In den großen Ensembleszenen fügen sich die Stimmen aller Beteiligten zu einem homogenen Klang zusammen.

Im Graben sorgt Martin Brauß für den nötigen Esprit. Bemerkenswert sicher und exakt führt er Orchester und Sänger durch die Partitur, einige kleine Wackler waren hier sicher mehr der Premierennervosität geschuldet. Präzise im Rhythmus, leicht und federnd im Klang und mit dem richtigen Gespür für das Temperament der Musik Offenbachs leitete er seine Musiker zu einem hoch inspirierten Spiel an.

Das überwiegend aus Studierenden bestehende Publikum bejubelte den Abend frenetisch, was allerdings deutlich mehr als eine kollegiale Geste war – hier ist die Zukunft des Musiktheaters in den richtigen Händen.

Christian Schütte

 





Fotos: Nico Herzog