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Fakten zur Aufführung 

IDOMENEO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
4. Februar 2009
(Premiere: 30. Januar 2009)

Staatsoper Hannover


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Trauer und Hoffnung

Es liegt der Hauch tiefer Trauer über der Bühne: Beherrscht durch unangreifbare Mächte verzweifeln die Menschen mit ihren elementaren Sehnsüchten nach Liebe und Frieden. Martin Haselböck verbreitet mit den sensibel musizierenden Künstlern des Niedersächsischen Staatsorchesters eine bewegend-schwebende Melancholie, interpretiert Mozarts „Sentiment“ mit intensivem Einfühlungsvermögen, vermittelt das existenzielle Leiden mit individuell bezogenem Klang.

Die Bühne – ganz in Weiß – ist eine Scheibe mit einer riesigen Wand, die sich zeitlupenartig unaufhaltsam dreht. Elisabeth Pedross gelingt eine grandiose Metapher der Unausweichlichkeit, in ihrer verdichteten Monumentalität zugleich subtil und überdeutlich. Petra Bongard entwirft Kostüme – ebenfalls in Weiß -, die sich durch Idomeneos Axt und die – geschilderte – Brutalität des Ungeheuers Neptuns immer mehr blutig färben.

Philipp Himmelmann konzentriert das dichte Bühnenhandeln auf die ungemein intensiven Beziehungen zwischen den bedrängten Personen, zeigt diese gestörten Verbindungen in ungemein einfühlsamen Szenen, stellt das individuelle Leid nicht aus, sondern schafft Identifikation und Mitleiden durch menschliche Gesten und trennende Konstellationen. Das Verzeihen Neptuns durch die Stimme von außen entlässt die Zuschauer mit Hoffnung auf eine bessere Welt, verweist jedoch auf die Skepsis gegenüber dem Vertrauen auf das Wohlwollen der unkontrollierbar-unsichtbaren Mächte. Ohne jede platte Aktualisierung wird kritisches Nachdenken über den Lauf der Welt provoziert. So wird Oper zum Mittel der „Aufklärung“!

Tomasz Zagorski – mit der Axt in der Hand – ist der stimmlich variationsreich interpretierende Idomeneo, verstört durch die schier unmenschliche Forderung, souverän in der Entsagung. Barbara Senator gibt dem verzweifelt-ausweglosen Idamante ungemeine Intensität, setzt ihre wandlungsfähig-klangschöne Stimme ein zur Interpretation eines extrem gefühlsbetonten Charakters. Alla Kravchuks Ilia beeindruckt durch emotional-intensives Spiel, vermittelt mit ihrer klar konturierten Stimme in perfekten Höhen und ausgewogener Mittellage und schafft ein bewegendes Porträt, dieser mythisch-exemplarischen Figur. Arantxa Armentia lässt die Verzweiflung der Elettra als hoffnungslos enttäuschte Liebende mit dramatischer Attitüde deutlich werden. Rollengerecht und stimmlich souverän Ivan Tursic als Arbace, Karsten Ruß als Oberpriester und – aus dem Off – Young Myoung Kwons Stimme der Moira. Permanent bühnenpräsent der Chor der Staatsoper (Leitung Dan Ratiu), ein Muster kollektiv abgestimmten Singens in absoluter Übereinstimmung mit der Inszenierungs-Idee.

Nahezu vollbesetzt die Oper in Hannover: Intensives Mitgehen bestimmt die Atmosphäre, einige unkontrollierte krachende Huster platzen degoutant in die Piani, das Verständnis für das „Anliegen“ und die Zustimmung zu der nicht-verrätselten Konzeption und zu Musik und Gesang äußert sich in lang anhaltendem Applaus, verstärkt durch vereinzelte Bravos. (frs)
 




 
Fotos: Staatsoper Hannover