Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

FALSTAFF
(Giuseppe Verdi)
2. Februar 2011
(Premiere: 29. Januar 2011)

Staatsoper Hannover


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Alles auf der Welt ist bunt

Und ein großer Spaß ist alles auf der Welt sowieso. So heißt es in Verdis letzter Oper ganz am Schluss. Dass eben alles auch bunt ist, drall, lebensprall und voller Elan, das zeigt Regisseur Olivier Tambosi mit seiner Neuinszenierung. Von seinem Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann lässt er sich einen großen Kasten bauen, der ganz mit bunten und grellen Graffitis bemalt ist. Falstaffs Behausung tut sich unter einer Klappe auf, die sich aus dem Bühnenboden öffnet und viel plüschiges Rot erkennen lässt. Für das Haus der Fords werden in diesen farbenüberladenen Raum dann noch Wandteile mit grün-gelb karierter Tapete gestellt. Hübsch-hässlich geht’s da zu, da quietscht und kracht es visuell gewaltig. Immerhin, die Kostüme von Inge Medert setzen dem überwiegend Sandfarben als ebenso willkommenen wie geschickten Kontrast entgegen. Was der Raum an Energie vorgibt, das spielt Tambosis Regie immer weiter. So viel Tempo, Dynamik, Lebensfreude bis hin zu ekstatischem Schwung, wie seine Erzählweise entwickelt, das zieht den Zuschauer schon in Bann. Sicherlich ließe sich die Geschichte vom dicken Ritter John Falstaff, die ja durchaus auch tragische Momente beinhaltet, feiner, eleganter, doppelbödiger oder gar verkopfter auf die Bühne bringen. Das war Tambosis Anliegen aber offenbar nicht, er bleibt seiner Idee treu und zieht sie bis zum Ende durch.
Dass das so gut gelingt, liegt vor allem an Stefan Adam in der Titelpartie. Akustisch und optisch füllt er die Szene prachtvoll und kann sich offenbar vollkommen mit der draufgängerischen, bisweilen derben, aber auch zutiefst komischen Sichtweise der Figur identifizieren. Stimmlich kommt seinem eher hell gefärbten, gut fokussierten und höhenstarken Bariton die Partie wunderbar entgegen.
Falstaff ist und bleibt ein Ensemblestück, keine der solistischen Partien ragt wirklich heraus oder hat – so untypisch für Verdi – größere Soloszenen zu bestreiten. Hier zeigt sich umso besser Hannovers erfolgreiche Ensemblepflege. Das hauseigene Personal wird ergänzt von Martin Berner, der einen überaus virilen, kernigen Ford gibt, und Elzbieta Ardam, die mit ihrem imposanten, dramatischen Alt der Quickly starkes Profil verleiht. Arantxa Armentia und Mareike Morr geben die Damen Ford und Meg Page stimmlich wie darstellerisch herrlich resolut im Kampf gegen den dicken Mann, Hinako Yoshikawa und Sung-Keun Park sind ein anrührendes Liebespaar Nannetta und Fenton. Ivan Turšić als Dr. Cajus sowie Edgar Schäfer und Young Kwon als Bardolfo und Pistola holen aus ihren Rollen ebenso das Beste heraus.
Hannovers neuer Kapellmeister Ivan Repušić am Pult des Staatsorchesters passt sich der lebensfreudigen Energie der Regie unbedingt an. Er geht Verdis vertrackte, ungemein diffizil gearbeitete Partitur mit einem sehr direkten Zugriff an. Manches Detail an instrumentalen Farben und polyphoner Finesse könnte da noch mehr hervortreten, aber insgesamt sorgt er mit dem sicher aufgelegten Orchester für eine straffe, dynamisch zupackende und vor allem rhythmisch sehr versierte Wiedergabe, die die Bühne bestens zu begleiten versteht.
Mit dieser Produktion ist der Staatsoper Hannover ein Abend gelungen, der die Kurzweiligkeit des Stücks zielsicher aufgreift und gekonnt unterstreicht. Manch einem mag es zu bunt zugehen, deswegen vielleicht blieben nach der Pause einige Plätze leer. Dem großen Rest hat es jedenfalls gefallen, stürmischer, wenngleich ebenfalls kurzweiliger Beifall.

Christian Schütte

 











Fotos: Thomas M. Jauk