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Fakten zur Aufführung 

DON CARLO
(Giuseppe Verdi)
11. Januar 2008
(Premiere 15. Dezember 2007)

Staatsoper Hannover


Points of Honor                      

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Leben in Angst

Angst bestimmt das Agieren und Fühlen der Personen: Sie haben keine Chance, diesem klerikal bedingten Horror zu entgehen, suchen nach menschlichen Kontakten, können aber keine kommunikativ-nachhaltigen Beziehungen realisieren. Christof Nels nachdenkliche Inszenierung wirkt wie eine permanente Widerlegung des Ratzinger-Diktums „Die Inquisition war der Beginn des Rechtsstaats“. Das ist intellektuell überzeugend, szenisch konsequent, aber weitgehend ohne emotionale Kraft.

Roland Aeschlimanns karg konstruierte Bühne mit einer angedeuteten (zeitlosen) Palast-Fassade und wechselndem Vorhang entspricht dieser hermetischen Konstellation.

Robert Chafin gibt dem unsicher-gefühlsgestörten Carlo ambivalenten Klang, wirkt aber stimmlich beengt und lässt nur selten seinen schönen Tenor strahlen. Brigitte Hahns Elisabetta ist die gepeinigte Königin, ihr gelingen ergreifende Passagen aufblühender Höhen und umflorter Tiefen. Als bühnenbeherrschende Erscheinung beeindruckt Khatuna Mikaberidze als emotional-ambivalente Eboli mit einer hinreißend ausdrucksvollen Stimme, klar in den Höhen, kraftvoll in der Mittellage, und konturierenden Tiefen. Nikola Mijailovic gibt dem Rodrigo frisch-strahlenden Klang mit durchaus hintergründiger Variation, doch bleibt er darstellerisch eindimensional. Auch Albert Pesendorfers Filippo singt stimmlich perfekt, mutet seinem Bassbariton aber offenkundig zu wenig an emotionalem Ausdruck zu. Stefan Kocán ist ein brutal-herrschender Großinquisitor, der sich fulminant artikuliert und sein fantastisches Volumen in vollem Klang intoniert. Shavleg Armasi gibt dem „Mönch“ konturierte stimmliche Statur. Die Comprimarii vervollständigen ein hochkompetentes Ensemble, das allerdings (zu) lange braucht, um sich auf die geforderte intensive Darstellung einzustellen und sich stimmlich zu befreien. Entsprechend der Chor (Leitung Dan Ratiu): statisch präsent, kollektiv erst gegen Ende stimmlich überzeugend.

Wolfgang Bozic leitet das Niedersächsische Staatsorchester mit Elan, lässt die unterschiedlichen Emotionen ausdrücken, gibt den Instrumenten die Chance zu solistischer Präsentation und erzeugt einen differenzierten Klang, der die eher nachdenklich-reflektierende Attitüde des Regie-Konzepts konsequent unterstützt.

Dem vertrauensvollen Publikum ist es offenbar kein Problem, dass die vieraktige Version von 1884 gespielt wird; man verfolgt das Geschehen intensiv, die SchülerInnen der Leistungskurse örtlicher Gymnasien bestaunen die musikalische Faszination des Schiller-Dramas. Viel Beifall, viel neue Erkenntnis. (frs)

 

 


Fotos: Staatsoper Hannover