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Fakten zur Aufführung 

LA CALISTO
(Francesco Cavalli)
9. Juli 2008
(Premiere: 21. Juni 2008)

Staatsoper Hannover


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Götter!

Ingo Kerkhof akzentuiert die Essentials der Barock-Oper Cavallis von 1651: Kritik an den Herrschenden – in diesem Fall den antiken Göttern -, Mixtum von tragischen und komischen Rollen (und Gesangsformen) sowie die frühe Auflösung der opera seria. Der vergnügliche Abend wird zum antimimetischen „Lehrstück“, dem lustvollen Triumph der poetischen Wahrheit über die Wahrscheinlichkeit der Darstellung! Die griechischen Götter sind aus den Fugen geraten, agieren in einer zerstörten Welt mit Jupiter und Merkur wie weiland Hollywoods ratpack, karikieren Transvestiten, spielen mit Sex, Liebe, Verlangen, Betrügereien und Enttäuschungen -- sind aber schlussendlich die Agenten der absoluten Ungerechtigkeit, ohne sich dafür verantworten zu müssen (die so unschuldige Calisto wird „zu den Sternen“ verbannt)! Was dabei kommunikativ zwischen den mythologischen Figuren abläuft, weckt durchaus Gefühle der Häme und Schadenfreude, aber auch der Wut – und des Mitleidens.

Anne Neusers Bühne mit Relikten einer – von Jupiter – zerstörten Welt zeigt die Hilflosigkeit der Götter, mit ihren Untaten fertig zu werden; verweist mit einer martialischen Treppe nach oben auf die Abgehobenheit der gnadenlos Allmächtigen.

Andreas Wolf lässt sich mit dem munter-spielfreudigen Niedersächsischen Staatsorchester auf das spektakuläre Satyrspiel mit Verve ein. Engagierte Streicher, charakterisierende Holzbläser, dramatisierendes Schlagzeug vermitteln animierende Barockmusik – jederzeit erfüllt von mitreißender Vitalität, ohne die Strukturen der barocken Vorgaben zu vernachlässigen.

Die zierliche Hinako Yoshikawa ist eine mädchenhaft-wuselige Calisto, beeindruckt mit enormer Darstellungskunst und besticht mit einer Stimme, die durch Klarheit und Strahlkraft größte Wirkung erzielt – ein Publikums-Liebling par excellence! Frank Schneiders gibt dem „verrückten“ Jupiter altersgeile Ambivalenz – besticht als verkleidete Diana mit herrlich persiflierender Kopfstimme. Stefan Zenkl ist der Leporello-ähnliche Merkur mit kernig-variabler Artikulation; Khatuna Mikaberidze ist eine attraktiv-erotische Diana mit gefühlvollem Sopran; Ivan Tursic gibt die keuschheits-propagierende Lynfea mit viel Komik und variablem Ausdruck; Julia Faylenbogen ist mit hinreißendem stimmlichen Ausdruck der alles durchschauende Satyr; Sung-Keon Park und Shavleg Armasi verkörpern mit prima ausgewogener stimmlicher power die „Bösen“ Pan und Sylvano; Alla Kravchuk präsentiert eine hoheitsvoll-strafende Juno mit perfektem Timbre; Mary Johns und Danuta Thielemann sind – zuverlässig-typengerecht intonierend – die beunruhigenden Furien; und mit David Cordier ist ein leidend-liebender Endymion zu erleben – sein bruchloser Counter-Tenor ist ein absoluter Hör-Genuss!

Das Publikum goutiert das turbulente Geschehen, identifiziert sich mit den hoch-engagierten Akteuren, lässt sich von der begeisternd-unakademischen Musik mitreißen – und feiert die Aufführung mit langanhaltend-herzlichem Beifall. Hannovers Oper ist „in“. (frs)