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Drama im Kopf
Eine konzertante Aufführung mit dem Effekt des Dramas im Kopf des Publikums.
Frank Beermann treibt die Nordwestdeutsche Philharmonie mit Verve durch
die Kaskaden des kompositorischen Salome-Wahnsinns, lässt die Eruptionen
der Oscar-Wilde-Dichtung musikalisch Emotion werden. Dabei folgen ihm
die satten Streicher, die klagenden Holzbläser, das provozierende Blech,
die dämonischen Pauken - ohne dass die Nerven des Hammer Publikums überstrapaziert
wurden. Allerdings: Die Balance zwischen Sängern, dem Klangvolumen der
akustisch vorzüglichen Maschinenhalle der ehemaligen Zeche Sachsen und
dem allzu druckvollen Orchester gerät aus den Fugen.
Katja Beer, tief dekolletiert im körperbetonten samtroten Kleid, beeindruckt
über die lange strapaziöse Kraftanstrengung mit einer impressiven Mittellage,
ist aber in der schier unendlichen Schlusspassage voll auf die technischen
Probleme konzentriert. Heuko Trinsingers klangschönem Bariton fehlt die
prophetische Intensität Jochanaans; Ute Trekel-Burckhardts Herodias vermittelt
wenig vom schillernden Charakter der unmoralischen Figur; Julius Best
gibt den geilen Herodes mit Fluchten in gutturalen Sprechgesang; stimmlich
hinreißend: Paul McNamara als verstörter Narraboth. Das übrige Ensemble
wird seinen Aufgaben konventionell gerecht.
In der zu selten bespielten wunderbaren Halle - ein kleines Freilichttheater
vor den Türen gammelt vor sich hin - ist ein erwartungsvolles Publikum
im ansonsten opernlosen Hamm rückhaltlos aufmerksam und spendet den engagierten
Sängern und dem spielfreudigen Orchester enthusiastischen Applaus. Der
Klassiksommer wird zur Institution. (frs) |
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