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"Kinder des Olymp" (1943) - ein unsterblicher
Film von Marcel Carne und Jaques Prevert über das Theaterleben zu Zeiten
Louis Philippes voll von Komödie, Tragödie, Karneval, Maskenspiel, Tanz,
Melodram und Pantomime verweist in Sujet, Milieuschilderung, Rhythmus
und Szene durchaus auf die Oper (s. Puccinis Bohème). Andreas Kriegenburg
greift Vorlage nebst Angeboten kongenial auf und lässt einem Panoptikum
der Liebe freien Lauf.
Robert Ebelings großräumig-phantasievolle Bühnenkonstruktion mit intimen
Räumen und kopfüber hangelnden Akteuren vermittelt viel Atmosphäre und
befriedigt extensive Schaulust.
Das Thalia-Ensemble kostet alle Chancen extrovertierten Spiels genussvoll
aus; Natali Seelig steht als katalysierende Garance im Mittelpunkt der
irritierenden Mixtur von Illusionen und Realitäten; Verweise auf legendäre
französische Akteure (Edith Piaf, Marcel Marceau) verstärken den leidenschaftlichen
Impetus einer Hommage an "das Theater".
Laurent Simonetti hat die musikalische Reflexion entworfen. Cello, Schlagzeug,
Tuba kommentieren die Abläufe - kollektiv stimulierend und individuell
dramatisierend - mit Rückgriffen auf französische Attitüden: Chansons,
Bistromusik; aber auch experimentelles Hantieren mit den Möglichkeiten
der Instrumente. Ergänzt wird dieser integriert-akzentuierende - effektvoll
in Szene gesetzte! - Auftritt der Musiker durch die zauberhafte Claudia
Renner als Sängerin mit dem Akkordeon! Erst diese virtuosen Musik-Elemente
ermöglichen das abendfüllende Faszinosum für ein emotionsbereites Publikum.
Im ausverkauften Thalia-Theater beherrscht der jugendliche Anteil das
Auditorium (neben den üblichen touristischen Besuchern): voll gespannt,
teils hingerissen durch das Erlebnis "totalen Theaters", teils durch die
bittersüßen Variationen unglücklicher Liebe, teils allerdings auch durch
das Missverständnis, hier werde Theater erlebbar wie die Soap auf dem
Kuschelsofa zu Hause. Auf alle Fälle werden erwartete Sehnsüchte erfüllt!
(frs) |
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