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In seltener Einigkeit ließ das Hamburger
Premierenpublikum seiner Begeisterung nach diesen emotionsgeladenen Dialogen
der Karmeliterinnen freien Lauf: Kein einziger Buh-Ruf störte die ungewohnte
Idylle.
Großen Anteil am Erfolg hat alleine schon Poulencs zarte, strenge und
enorm cantabile Komposition. Der Hamburger Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher
webt daraus einen weichen Klangteppich, der dem Vorrang der Dialoge der
Karmeliterinnen Rechnung trägt und trotz großem Orchesterapparat niemals
die Stimmen zudeckt. Da außerdem die Abstimmung zwischen Graben und Bühne
hundertprozentig stimmt, wird die Musik ihrem hohen dramaturgischen Anspruch
stets gerecht.
Bei den Stimmen überzeugt neben den Hamburger Ensemblemitgliedern Danielle
Halbwachs als zweite Priorin und Inga Kalna als Constance vor allem die
alte Priorin von Kathryn Harris - ihr langer Todeskampf ist nicht nur
stimmlich, sondern auch darstellerisch eine großartige Leistung. Die Blanche
de la Force des Staatsopern-Gastes Ana Maria Martinez ist ebenfalls eine
Idealbesetzung: intonationssicher, flexibel und mit zurückgenommenem Vibrato.
Einziger kleiner Wehrmutstropfen: Anja Silja als Mère Marie. Meistens
ist sie kaum zu hören und verfügt nur noch in den hohen Lagen über ein
Durchsetzungsvermögen, das auch bis in die hinteren Parkettreihen trägt.
Der Regisseur Nikolaus Lehnhoff versteht es, allein durch die kluge Nutzung
von Raum und Licht aussagekräftige Bilder zu schaffen, die durch ihre
Strenge und eine sorgfältige Choreografie wirken. Text, Musik, Bühnenbild
und Lichtregie schaffen eine beklemmende und gleichzeitig sakrale Atmosphäre,
die konsequent auf die letzte Szene am Schafott hinarbeitet. Eine schwarze
Falltür nach der anderen fällt. Zurück bleibt die verstörte Menge. (sr) |
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