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Fakten zur Aufführung 

ARABELLA
(Richard Strauss)
5. September 2009
(Wiederaufnahmepremiere)

Staatsoper Hamburg


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Die Richtige war’s!

Am 8. September vor 60 Jahren starb Richard Strauss in Garmisch. Wegzudenken ist er aus unserem musikalischen Leben nicht mehr, auf den Konzertpodien stellen sich Orchester und Dirigenten immer wieder seinen symphonischen Dichtungen, seine Opern sind feste Säulen des Repertoires der Musiktheaterbühnen. Dabei stehen die Werke der 20er und 30er Jahre deutlich im Schatten etwa der Salome oder des Rosenkavalier. Der Saisonauftakt an der Hamburgischen Staatsoper mit Arabella bewies nun eindrücklich, dass insbesondere dieses Werk ein Schattendasein keineswegs verdient hat.
Ein „Wiener Auftakt“ sollte es werden mit der 2008 erstmals an der Dammtorstraße gezeigten Inszenierung der Arabella von Sven-Eric Bechtolf. Arabella ist die letzte gemeinsame Arbeit Hugo von Hofmannsthals und Richard Strauss’. Die Zusammenarbeit unterscheidet sich in einem Punkt ganz wesentlich von den vorangegangenen – Hofmannsthal erlebte die Kompositionsphase und die Uraufführung nicht mehr mit. Nach Vollendung des Textes starb er plötzlich 1929, die Uraufführung ging erst am 1. Juli 1933 in Dresden über die Bühne. Noch während Strauss mit der Komposition der Ägyptischen Helena befasst war, machten beide sich Gedanken über ein folgendes Werk. Nach einer Reihe von mythologischen und märchenhaften Stoffen war es Hofmannsthals Vorschlag, nun wieder mal etwas „wienerisches“ zu machen. „Ich habe vor zwei Jahren mich mit einem Lustspiel beschäftigt, Notizen gemacht, ein Szenar entworfen, und dann die Arbeit wieder weggelegt. Es hieß Der Fiaker als Gra“ […] Es war ein recht reizvoller Stoff, aber er langte mir nicht ganz für das Kostüm der Gegenwart. Die Verhältnisse darin waren noch in meiner Jugend völlig wahr (solange der Hof und die Aristokratie in Wien alles waren) – heute müsste man es zurückverlegen – , ich dachte an 1880, aber man könnte auch sogar 1860 – […].“ Dieser Brief Hofmannsthals an Strauss vom 1. Oktober 1927 legte den Grundstein für Arabella.
Sven-Eric Bechtolfs Inszenierung verlegt nun die Geschichte von 1860 in ihre Entstehungszeit zurück. Und da passt sie, jetzt, mit dem Blickwinkel des großen zeitlichen Abstands, gut hin. Die Bilder, die der Regisseur schafft, sind sicher nicht revolutionär oder gar interpretatorischer Meilenstein. Sie stellen sich der Geschichte aber nicht in den Weg, und so scheint es vollkommen natürlich zu sein, Figuren auf der Bühne zu sehen, wie sie Strauss und Hofmannsthal direkt vor Augen gewesen sein mögen, als sie das Stück planten.
Die musikalische Seite des Abends geriet in jeder Hinsicht glanzvoll. Erstmals standen Anja Harteros als Arabella und Wolfgang Brendel als Mandryka in Hamburg gemeinsam auf der Bühne. Harteros darf im Moment sicher als ein singulärer Glücksfall für die Partie gelten. Absolut sichere Intonation, eine tadellose Tonproduktion, gepaart mit dem noblen, dunklen Timbre ihres nach wie vor lyrisch grundierten Soprans verleihen ihr die Souveränität, die Partie ganz für sich zu erobern. Ihre Stimme hat sich in den vergangenen Jahren hörbar mit der notwendigen Ruhe entwickelt, die es braucht, vom reinen lyrischen Fach langsam ins jugendlich-dramatische zu gehen. Es bleibt ihr nur zu wünschen, dass sie ihren Weg weiterhin so fortsetzen möge. Wolfgang Brendel präsentiert seinen Bariton in bestechender Form und gibt so, verbunden mit seiner überaus feinen und präsenten Bühnenerscheinung ein beglückendes Rollenporträt.
Kari Postma gibt eine selbstbewusste Zdenka, Marcel Reijans einen schönstimmig-blauäugigen Matteo und Artur Korn einen Graf Waldner, der herrlich heruntergekommen und nicht minder durchtrieben ist, aus seiner misslichen Situation möglichst schnell zu entkommen. Bis in die kleinsten Partien setzt sich die vorzügliche Besetzung des Abends fort.
Hamburgs Generalmusikdirektorin Simone Young schwelgt in Strauss’ Klangwelten, ohne in Zuckrigkeit oder Kitsch abzudriften, sie kehrt vor allem die große Instrumentationskunst hervor, die Strauss bis zum Ende seines Lebens sein Eigen nennen konnte. Die glänzend disponierten Philharmoniker folgen ihr auf diesem Weg in jedem Takt.
So gerät der Abend zu einem Plädoyer für das Werk, das allzu oft als „kleine Schwester“ des Rosenkavaliers abgetan und belächelt wurde. Zu zeigen, dass es das keineswegs ist, dafür braucht es so erstklassige Protagonisten auf der Bühne, die vor allem Hofmannsthals zutiefst menschlichen Text auszudeuten wissen. Und wenn Arabella im Lauf des Stücks den „Richtigen“ für sie und wie dieser zu finden ist besingt, so bleibt zu diesem Saisonauftakt zu Ehren Richard Strauss’ nur zu sagen, dass Hamburg mit Arabella die Richtige gewählt hat!

Christian Schütte

 




 
Fotos: Brinkhoff/Mögenburg