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Fakten zur Aufführung 

LA TRAVIATA
(Giuseppe Verdi)
23. August 2008

Halle/Westf., Gerry-Weber-Stadion


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Exzellenter Opern-Gesang

Der Ort: Eine spektakuläre „Turnhalle“ für Tennis, Hallenhandball und diverse Pop-Konzerte – Oper ist da die Ausnahme. Die nähere Umgebung: Lange Wege zum Paradies der vielfältigen Fress- und Getränkebuden – wie das nun mal bei Arenen üblich ist. Das Publikum: Event-orientiert, lustvoll-erwartungsfreudig, angereist nicht nur aus der nahegelegenen Ostwestfalen-Metropole Bielefeld, positiv eingestellt, mehr als 3 000 an der Zahl.

An der Kopfseite der Halle eine Bühne mit erschütternd-konventioneller Kulisse – bemalte Wände wie im Stadttheater Anno 1950 (Bühne: Rolf Cofflet), lieblos uninspiriert wie die x-beliebigen Möbel.

Günter Roths Regie beschränkt sich auf das Platzieren der Solisten und das Arrangieren des Chors: Ein für undenkbar gehaltenes szenisches Desaster ohne Esprit, ohne jegliche kommunikative Ausstrahlung. Ganz zu schweigen davon, dass es auch die Möglichkeit gegeben hätte, das so dichte Ambiente der riesigen Sport-Halle als attraktiv-szenischen Raum zu nutzen -- und die herrschenden Wetter-Unbilden mit prasselndem Regen auf das schützende Dach kreativ-interpretierend zu nutzen.

Aber Regie und Bühne sind „von der Stange“, offenbar als Dutzendware konzipiert. So findet sich im sterilen Hochglanz-Programmheft auch nicht der geringste Hinweis auf die Gerry-Weber-Präsentation, nicht einmal ein „Tour-Plan“ dieser Zumutung wird vermittelt. Peinlich!

Doch es gibt auch Positives zu vermelden, und das nicht zu knapp! Elena Moşuc singt eine Violetta mit hinreißender Stimme – leidenschaftlich in Liebe und Trauer, Hoffnung und Leid, Aufbegehren und Resignieren; dabei mit absoluter Sicherheit in allen Lagen, mit phänomenal-strahlenden Höhen, einer bewegend interpretierenden Mittellage und einem stupenden Legato. Walter Donati gibt dem alten Germont gestischen und stimmlichen Charakter – den aggressiven Vater, den mitfühlenden Menschen; und er artikuliert mit seinem sonoren Timbre eindrucksvolle stimmliche Variationsmöglichkeiten – geschmeidig bei aller Kraft! Luca Lombardi ist ein stimmlich überzeugender Alfredo, durchaus bewegend in seinen gegebenen Möglichkeiten, mit strahlenden Passagen und einer soliden stimmlichen Grundausstattung. Die kleineren Rollen sind gut besetzt, die Chorvereinigung Budapest lässt annehmbares kollektives Singen hören.

Hilary Griffith leitet – nach nur kurzer zeitversetzter Probe – das vorzüglich eingestellte Philharmonische Orchester der Stadt Bielefeld mit beeindruckender Souveränität, hat die Bühne permanent im Blick, gibt präzise Einsätze und leitet die aufmerksamen Musiker zu präzisem Zusammenspiel bei zurückhaltenden Tempi und gefühlvoller Dynamik.

Ausgesprochen lobenswert die elektro-akustische Verstärkung: das ist hoch professionell in der technischen Ausstattung und sehr sensibel in der konkreten Umsetzung – niemals dominiert die Technik die Emotionalität und die Vitalität der Stimmen und der Instrumente.

Das große Publikum ist sehr diszipliniert, lässt sich – trotz fehlender Übertitel – auf das gesungene Drama ein, applaudiert leidenschaftlich, respektiert das Faszinosum des Opern-Gesangs und erlebt einen großen Abend der Verdi-Musik.

Dass schon mal auf den sichtbehinderten Plätzen gewechselt wird, ist zu verstehen; dass allerdings das Fotografieren brutale Ausmaße annimmt, einige Menschen ganze Passagen mitschneiden und allüberall die Displays leuchten – das überrascht dann doch: Diese dummen, frechen, selbstgerechten Störer und Rechtsbrecher mit fast schon krimineller Energie sollten eigentlich keine Chance haben in einer Halle, in der Pop-Bands Fotografier-Verbote z. T. mit brutaler Power durchsetzen. Wenn Oper angesagt ist, spielt das Urheberrecht offenbar keine Rolle: Es gibt nicht mal einen Hinweis auf ein Fotografier-Verbot! Peinlich. frs
 







Fotos: © Gerry Weber World