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Metapher
Theoretisch ist Pet Halmens Turandot-Konzept o.k. Puccini selbst als blinder
Timur auf der Suche nach dem Geheimnis Turandots und der Idee der Oper
- modern selbstreferentiell eben.
Das Bühnenbild mit großem Gong als beherrschendem Element vor großem Rundhorizont
mit variabler "Lücke" für das jubelnde Volk bietet enorme optische Reize
und viele Spielflächen für hochdramatische Aktionen. Auch diese: brillant,
vor allem Ping Pang Pong wuseln anspielungsreich als Minister bzw. als
Puccini Diener über die Bühne!
Die Entscheidung für die Alfano-Langfassung (von Toscanini brutal gekürzt)
allerdings lässt die Dramatik abrupt abstürzen, da bleibt auch Lalmens
Aktionskunst hilflos. Da wird der Verlust deutlich, dass der große Puccini
mit seinen Zweifeln das Mysterium weder von der Dramaturgie noch musikalisch
auflösen konnte. Das zurückgelassene Fragment bleibt wohl für immer die
zu spielende Fassung: die fehlende Auflösung bleibt sinnvollerweise dem
mitleidenden Publikum überlassen.
Den zahlreichen jungen Zuschauern ist die reflektierende Zusammenschau
spürbar eine theatrale Überforderung, es wird getuschelt und am Schluss
entsteht zunächst der Eindruck des Pflichtapplauses, doch steigert sich
die jugendliche Begeisterung von Vorhang zur Vorhang. In Halle wird offenbar
ein neues Publikum gewonnen.
Die beiden großen Kollektive und Garanten für diese unbefangene Zustimmung:
Chor und Extrachor des Opernhauses Halle (Helmut E. Sonne) bieten dramatischen
Chorgesang der Extraklasse, das Orchester steigert sich unter dem agilen
Roger Epple zu ungeheurer Wucht, vermag aber auch die leisen Töne mit
großer Emphase zu transportieren!
Gerd Vogel, Tommaso Randazzo und Dong Won Kim sind auch stimmlich die
Idealbesetzung der drei Minister, Jürgen Mutze intoniert über Lautsprecher
einen mysteriösen Altoum, Jürgen Trekel gibt dem Puccini/Timur mit sonor-emotionalem
Bariton, Romelia Lichtensteins Liu ist eine exquisite Rollenstudie mit
aller Zurückhaltung liebender Selbstopferung. Richard Brunner bringt den
brachialen Kalaf durchaus anständig über die Runden, lässt allerdings
beim Nessun dorma die Grenzen seines Heldentenors hören, und die zierliche
Diana Veronese beeindruckt durch enorme Kraft, nervt jedoch mit schrillen
Schärfen in den dramatischen fortissimo-Höhen. (frs) |
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