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Pet Halmen lässt zivile Personen auf
die Bühne kommen, lässt sie in Rollen schlüpfen, lässt Statuen verschieben,
akzentuiert vor allem Sesto und Vitellia überzeugend als "psychische Ruinen"
(metaphorisch verdoppelt durch verfremdete antike Büsten) - verzichtet
aber auf die szenischen Möglichkeiten der faszinierenden Theatermaschinerie
des Goethe Theaters! Er behauptet im Sinne seiner Inszenierungsidee das
"Unfertige" des Hauses zu Zeiten seiner Eröffnung am 23. Juni 1802, doch
ist das für die Zuschauer nicht nachvollziehbar, ebenso wie die Rolle
Goethes als inszenierender Publio weitgehend unsinnlich bleibt.
Mit Nils Giesecke ist ein stimmlich flexibler Titus zu hören; als "Moderator"
steht er im Schatten der psychischen Dramatik von Sesto und Vitellia:
Ulrike Schneider singt den Sesto in aller Zerrissenheit, brilliert mit
ihrem vortrefflichen Mezzo, den sie gefühlvoll der intimen Akustik des
Hauses anpasst; Romelia Lichtensteins Vitellia ist die psychisch verletzte
Frau, beeindruckt mit vokaler Präsenz und variabler Phrasierung. Intonationssicher,
darstellerisch hochengagiert und die Chancen ihrer Arien interpretierend
nutzend Anke Berndt als Servilia und Jordanka Milkova als Annio - das
Ensemble der Oper Halle präsentiert sich in hervorragender Form!
Ebenso wie das Orchester unter dem elanvollen David T. Hensel, dem es
gelingt, Mozarts reifer Musik psychologisierende Tiefe abzugewinnen; sehr
klangschön das Zusammenspiel der Instrumentengruppen, sensibel das Eingehen
auf die Möglichkeiten der Sänger.
Ein sehr gemischtes Publikum, mit gespannten Erwartungen aus allen Himmelsrichtungen
angereist, goutiert den musikalischen Genuss im schweißtreibenden Haus
am hochsommerlichen Nachmittag mit Begeisterung, dankbar auch für die
gewählte Version deutschsprachiger Rezitative und italienisch gesungener
Arien. Schön auch, dass dem Programmheft ein Faksimile der Eröffnungsaufführung
vom 23. Juni 1802 beiliegt: "Gesänge aus der Oper TITUS. die Musik ist
von Mozart". (frs) |
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