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Fakten zur Aufführung 

THE RAKE'S PROGRESS
(Igor Strawinsky)
23. Jaunar 2004 (Premiere)


Opernhaus Halle




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Gut - Böse; Schwarz - Weiß

Ist es die Angst, bei modernen Werken mit nackten Menschen und "schräger" Musik konfrontiert zu werden, die nicht gerade Massen von Zuschauern begeistert, in die Häuser strömen lässt oder ist es nur der Bekanntheitsgrad eines Klassikers, der sich für diesen als deutlich vorteilhafter erweist? Klar ist jedoch, ein modernes Werk hat es nicht leicht, zur Aufführung zu gelangen.

In Halle jedenfalls wirkte die Premiere von Strawinskys "The Rake's Progress" wie eine bunt gescheckte Bilderwelt, die den Drang zur eigenen Erklärung inne hatte und es schien als wollte sich der Intendant und in diesem Fall Regisseur Klaus Froboese mit seinem vielversprechenden Team Heinz Balthes (Bühnenbild) und José-Manuel Vazquez (Kostüme) damit lieber auf die sichere Seite der Inszenierungskunst begeben.

Strawinskys Werk vereint verschiedenste Einflüsse von Opern Mozarts, Hogarth Bilderzyklus und Faustschen Manieren, doch wird in Halle ein allzu deutliches Bild in Kostüme und Bühne entworfen, das durch die polarisierte Gegenüberstellung von Gut-Böse, Schwarz-Weiß usw. das Publikum an die Hand nehmen und durch das Werk führen will. Wer dann zeitweise immer noch nicht verstanden hatte, auf welcher Stufe der "Karriere" des Tom Rakewell man gerade angelangt war, hatte ja noch die lehrreichen Erklärungen am oberen Bildrand und die sowieso schon auf Deutsch gesungene Fassung in petto. Ein gelegentlich wissendes Raunen durch die Stuhlreihen ließ jedenfalls die Darsteller aufatmen; es war noch jeder dabei.

Das Thema dieser Oper: Tugend versus Laster? So jedenfalls scheint es, als Tom Rakewell, einmal von den Verführungen des Lebens gepackt, sich immer weiter weg von der idyllischen Naturlandschaft, aus der sein tugendhaftes Ich stammt, hinein in den voodooartigen Untergrund begibt.

Nils Giesecke wirkte in seiner Rolle, trotz stimmlicher Sicherheit, zeitweise etwas fehl am Platz, doch dafür bekommen wir die Erklärung. Seine Zerrissenheit ist Programm und ständig schwebt über ihm das hinterlassene Idyll einer heilen Welt, die damit niemanden vergessen lässt, wer er, eingekleidet in unschuldiges Weiß, doch wirklich ist. Sein Widersacher und schwarz eingekleideter Verführer Nick Shadow, dargestellt von Gregory Reinhardt, hatte es im Gegenzug nicht schwer, das Böse zu verkörpern. Seine Stimmgewalt und sein darstellerisches Talent ließen keinen Zweifel an seiner Rolle zu. Auch Axel Köhler, in Gestalt der Türkenbab, fühlte sich sichtlich wohl in seiner Rolle und übertrug dies mit Freude auf sein Publikum. Facetten und Schattierungen brachte Anke Berndt als Ann ins Geschehen, indem sie durch einfühlsamen Gesang und auf charakterlich ausdrucksstarke Weise die Tugendhaftigkeit für einen Moment hinter sich ließ und damit doch einmal hinter den stringenten Verlauf der Handlung blickte. Die bunte Bilderwelt wurde auch durch einen sehr ausdrucksstarken Chor unter der Leitung von Jens Petereit belebt. Er vermochte durch seine gesangliche Flexibilität auch an, nicht selten auftretenden, schwierigen Stellen zu überzeugen.

Das alles zusammenhaltende Orchester unter der Leitung von Pavel Baleff schien an offenen Partien, vor allem im Bläsersatz, etwas unsicher, doch insgesamt reihten auch sie sich ein und verhalfen dem Geschehen zu intendierter Klarheit und Transparenz.

Zu guter Letzt vereinten sich alle noch einmal zu einem lustigen Ständchen und die anklägerische Moral "Die Früchte, gute Leut hier, seid Ihr und Ihr" wirkte wieder einmal wie eine Erklärung für alles. (mk)




Fotos: © Gert Kiermeyer