„Familiar“
Händels „Esther“ ist ein eher routiniertes Produkt des Londoner Theater-Striese. In der hebräischen Übersetzung (von 1759) wird das Oratorium zum emotionalen Bekenntnis für den Freiheitskampf der Juden gegen die babylonische Gefangenschaft. Im neuen Theater wird das Stück als Familienkonzert präsentiert: ein geliebtes Ritual trifft auf ein einnehmendes Sujet.
Shalev Ad-El leitet die Solisten des Philharmonischen Staatsorchesters Halle sehr intensiv, produziert die gängige Händel-Stimmung, verzichtet auf emotionale Ausbrüche.
Revital Raviv gibt der Esther sentimentale Stimme, ohne mit ihren Höhen Dramatik zu imaginieren. Martin Oros Altus bleibt dem Ahasver einiges an zwingender Ambivalenz schuldig; und Wolf Matthias Friedrich wird mit seinem routinierten Bass dem dämonischen Haman nur ansatzweise gerecht. Aber zusammengehalten wird dieser okkasionistische Ablauf durch eine sparsam-verständnisvolle Moderation von Hermann Große-Jäger, der als emeritierter Musikprofessor das hoch disziplinierte „Familien-Publikum“ mit vielen gebannt lauschenden Kindern ohne überflüssiges Palaver auf die Szenen inhaltlich und musikalisch einstimmt.
Darüber hinaus bringt sich die Robert-Franz-Singakademie klangschön in das sympathische Geschehen ein.
Das Publikum folgt gespannt, versteht Musik und Inhalt und dankt den Interpreten hingebungsvoll. (frs)
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