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Fakten zur Aufführung 

INTO THE WOODS
(Stephen Sondheim)
3. Oktober 2009 (Premiere)

Theater Hagen


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Wünsche und Träume

Wenn Rotkäppchen eng umschlungen mit dem bösen Wolf tanzt, wenn Aschenputtels Prinz sich heimlich doch nach Dornröschen sehnt und Rapunzel, frustriert ob ihrer Ehe, sich am nächsten Baum erhängt, dann deutelt da irgendwer psychologisch an Grimms Märchen herum oder nimmt sie auf den Arm. Wenn beides zutrifft, sitzt man in Stephen Sondheims Musical Into the Woods. Für Sondheim sind Märchen Träume, Fantasien und Horrortrips - man kann nicht ohne sie leben, ist aber froh, wenn’s wieder ins geregelte Leben zurück geht.
Sondheims Stück ist schlicht ein Meisterwerk seines Genres. Es verzichtet ganz auf Bombastisches und jede Gefühlsduselei – ein wohltuender Kontrapunkt zum Lloyd-Webber-Einheitsbrei. Sondheim schaut genau auf menschliche Eitelkeiten, arbeitet mit Spott und Ironie und erschafft ein sehr heutiges Märchenpersonal, das auch schon mal einen flotten Rap auf den Lippen führt.
Daran, dass dies auch sofort auf das Publikum überspringt, hat Übersetzer Michael Kunze einen großen Anteil. Präzis, gemein, bisweilen böse sind seine Texte, weit entfernt von Kunzes sonst oft so klebrigen Versen.
All’ das sind gute Voraussetzungen für einen grandiosen Bühnenerfolg. Und wenn diesem Stück eine exquisite Umsetzung widerfährt, dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Gil Mehmert, Musical-Professor an der Folkwang-Hochschule in Essen, gewann für das gemeinsame Projekt seines Studiengangs mit dem Theater Hagen viele engagierte Mitstreiter und hatte für seine Inszenierung viele Ideen, die sich zu einem absolut gelungen Ganzen fügten.
Ausstatterin Janina Mendroch verwendet an Wilhelm-Busch-Illustrationen erinnernde Papp-Kulissen und einen verschiebbaren Wald. Sie schafft bezaubernde Accessoires wie die Rösser der pubertierenden Prinzen: Steckenpferde mit praktischen Ständern zum Abstellen und Aschenputtels Tauben an langen Stäben. Choreografin Kati Farkas gelingen hübsche Ensembles – herausragend die Rotkäppchen-trifft-den-bösen-Wolf-Szene.
Die Essener Musical–Studierenden und -Absolventen meistern ihre Rollen professionell mit viel Engagement. Alen Hodzovic brilliert als Bäcker, Constanze Fischbach als seine Frau. Michael Heller ist Hans, der ganz unter der Knute seiner Mutter (Sabine Ruflair) steht und Annika Firley ein Aschenputtel, das die Schnauze voll hat von seinem Prinzen (Andreas Schneider).
Die Hexe gibt Gabriela Ryffel ganz hundsgemein - und Marilyn Bennett ihre Schwester im Geiste: Aschenputtels Stiefmutter.
Der sicher als Zugpferd eingekaufte Guildo Horn versteht sich als Erzähler ganz als Teil der Produktion - absolut stilsicher und gewandt.
Hagens Generalmusikdirektor Florian Ludwig ist offensichtlich in allen Sparten zu Hause. Er und seine „Musical-Combo“ agieren perfekt.
Das bis auf den letzten Platz gefüllte Hagener Theater erbebt unter den Beifallsstürmen des sehr gemischten Publikums. „Ab in den Wald“ ist bereits der zweite Knaller der jungen Saison am bestandsbedrohten Haus.

Thomas Hilgemeier

 










 
Fotos: Stefan Kühle