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Fakten zur Aufführung 

WEST SIDE STORY
(Leonard Bernstein)
9. September 2008
(Premiere: 6. September 2008)

Theater Hagen


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Großstadtleben

Leonard Bernsteins West Side Story gehört ganz sicher in den Musical-Olymp. „Lennies“ immer wieder aufs Neue faszinierende Musik, die ebenso unsteten wie aufreizenden Melodien – Symbole einer rebellierenden Jugend – und die zeitlos anrührende Romeo-und-Julia-Geschichte haben es zum festen Bestand des Repertoires unserer Theater werden lassen: ewig jung, stets aktuell. Am Theater Hagen versuchte man jetzt, mit der West Side Story an den großen Musical-Erfolg Sweeney Todd aus der letzten Spielzeit anzuknüpfen.

Dies gelang nur bedingt. Denn schon ziemlich schnell zu Beginn stellte sich der Eindruck ein, Regisseur Thilo Borowczak und sein Regieteam würden das Werk nicht so ganz ernst nehmen, nicht wirklich auf seine Bedeutung fürs Heute hin abklopfen. All zu sehr war da Musical-Konfektion von der Stange angesagt – weitestgehend ohne individuelle Regiehandschrift.

Verschiebbare, rechteckige, vom Schnürboden herunter hängende Segmente bilden die Bühne (von Kirsten Dephoff ebenso gestaltet wie die Kostüme). Da wird echtes Großstadtleben ausgebreitet, dazu gesellen sich Autohupen vom Band. Das ist nicht schlimm, aber so routiniert wie vorhersehbar. Was leider auch für die Choreographie von Doris Marlis gilt. Hübsch, nett anzuschauen, - aber wenig kreativ, kaum einmal aufregend. Und die Idee, den Song „Somewhere“ - die Utopie von einer besseren Zukunft - von einer Art Engel im Taft-Unterrock singen zu lassen, gehört eher in die Kategorie „Kitsch“.

Leider reißen auch die singenden Protagonisten insgesamt nicht viel heraus: Tanja Schun und Jeffery Krueger wirken als Liebespaar seltsam unbeteiligt, große Emotionen werden da kaum einmal ins Publikum getragen. Dazu kommt (und das ist betrüblich): auch ihre sängerischen Qualitäten bleiben in dieser Produktion hinter den Erwartungen zurück. Wer Schun und Krueger kennt und weiß, zu welch hervorragenden Leistungen sie in so vielen Inszenierungen der letzten Jahre am Hagener Haus fähig sind, ist etwas enttäuscht.

Dabei lohnt es sich, in Bernsteins Figuren das Optimum an Ausdruck und Lebendigkeit zu investieren. Wie Jörg Linnenbröker zum Beispiel, der die Rolle des Bandenchefs Riff ganz ausgezeichnet, völlig glaubwürdig sang und spielte.

Mitunter sehr prickelnd war, was die Hagener Philharmoniker unter ihrem neuen GMD Florian Ludwig zu bieten hatten. Das war Bernstein-Sound mit dem nötigen Maß sowohl an Drive als auch an Sentiment, wenn auch manchmal etwas zu laut.

Nun ist es bei weitem nicht so, dass die Hagener Neuproduktion nichts anderes als glatt und belanglos wäre. Es gibt sie, die wirklich berührenden Augenblicke. So wie der Song, in dem Maria und Anita sich ohne Kompromiss zu ihren Geliebten bekennen! Genau diesen Schmelz muss diese Musik bekommen.

Das Hagener Publikum - eine gute, schöne Mischung aus den „üblichen“ Operngängern einerseits, weitestgehend konzentriert lauschenden jungen Menschen mit offensichtlicher Neugier auf eine Musical-Produktion im konventionellen Stadttheater andererseits - war zufrieden und applaudierte begeistert.

Christoph Schulte im Walde

 






Fotos: Stefan Kühle