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Fakten zur Aufführung 

DIE DREI RÄTSEL
(Detlev Glanert)
9. Mai 2008 (Premiere)

Theater Hagen


Points of Honor                      

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Von den Fährnissen des Erwachsenwerdens

Dortmund hat gerade seine nagelneue Kinderoper eröffnet, wo Kinder und Jugendliche nicht nur zusehen und zuhören, sondern aktiv mitmachen werden. Genau dasselbe Ziel verfolgt jetzt auch das Theater Hagen – zwar ohne eigene Spielstätte, dafür aber im Großen Haus, dort, wo sonst „nur“ die Profis agieren.

Detlev Glanert, der viel beschäftigte und höchst erfolgreiche Komponist, weist die beiden Hauptrollen in seiner Oper „Die drei Rätsel“ ausdrücklich Kindern bzw. Jugendlichen zu, die restlichen Figuren sind mit Profis zu besetzen. Auch hinsichtlich des Orchesters wünscht Glanert, „dass Kinder und Jugendliche möglichst mit ihren Instrumentallehrern zusammenspielen.“ Die Hagener Inszenierung erfüllt diese Vorgaben und präsentiert eine fantastische, wunderbare und mit großer Leidenschaft erzählte Geschichte: eine „Turandot“-Geschichte, in der der jugendliche Held Lasso die Hand der Prinzessin Scharada durch das Stellen unlösbarer Rätsel erobern muss. Andernfalls droht die sofortige Enthauptung. Aber bevor Lasso seine Rätselfragen vorbringen kann, muss er anderen Gefahren entkommen: Seine Mutter versucht ihn zu vergiften, ein Wildschwein wittert in ihm fette Beute, schließlich stellt sich ihm eine Räuberbande in der Weg. Und zu allem Überfluss lauern am Hof der Prinzessin fiese Intriganten. Am Schluss aber lässt ein Sturm das junge Liebespaar über das Meer entkommen und eine gemeinsame Zukunft aufbauen.

Detlev Glanert versteht seine „Oper für Kinder und Erwachsene“, die 2003 in Halle uraufgeführt wurde, als Mittel, die Generationen nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne zu vereinen. Hier trifft Jung auf Erwachsen, Amateur auf Profi. So standen dem Hagener Opernchor der Kinderchor des Theaters und der Knabenchor Hagen zur Seite, das Orchester setzte sich aus Schülern der Max-Reger-Musikschule und Mitgliedern des Philharmonischen Orchesters Hagen zusammen. Steffen Müller-Gabriel entlockte diesem glänzend aufgelegten Ensemble glasklare und inspirierende Klänge.

Die eigentlichen Stars der „Drei Rätsel“ waren selbstverständlich Lasso und die Prinzessin: schwer beeindruckend, mit welcher Professionalität der 14-jährige Robert Lenkester und die 15-jährige Lynn Marquardt über die Bühnenbretter fegten, mit welchem Selbstbewusstsein sie ihre Rollen ausfüllten – und wie toll die beiden sangen! An diesem prallen Leben auf der Bühne hatten auch die Profis Spaß: Marilyn Bennett, auch im wahren Leben die Mutter des Hauptdarstellers, zog als schräge, durchgeknallte Mama alle Register ihrer Schauspielkunst und offenbarte dunkle Knusperhexen-Qualitäten - herrlich! Das gilt auch für Stefania Dovhan als fiese Hofdame im roten Lackkleid und Jan Friedrich Eggers als ständig hungrigen König. Richard van Gemert war ein treuer Begleiter des Helden und stand ihm mit Rat und Tat zur Seite. Rolf A. Scheider und Dieter Goffing trieben ihr Unwesen als Hofschranzen.

Fazit: Das, was da im Hagener Theater auf die Bühne kam, war ein durch und durch gelungenes Plädoyer für eine andere Form der Oper für junges Publikum, in der Kinder und Jugendliche nicht nur als Objekt, sondern auch als Subjekt des Opernmachens begriffen werden. Dazu trägt Glanerts wunderbare, sprechende, aber nie simpel daher kommende Musik ebenso bei wie die fantasievolle Umsetzung von Thilo Bowrowczak (Regie) und Jan Bammes (Ausstattung). Durch schöne, differenzierte Lichtregie mit Farbeffekten, durch bunte Kostüme, aber auch beschaulich-dunkle Nachtszenen machte das Regieteam deutlich: Hier wird kein oberflächliches Märchen erzählt, sondern eines, das von den Fährnissen des Erwachsenwerdens berichtet und einen Bezug zur Realität herstellt.

Das Premierenpublikum war zu Recht aus dem Häuschen. Und man zeigt sich verwundert, dass dieses großartige Stück Musiktheater für junge Menschen nicht längst fester Bestandteil des Repertoires ist.

Vor allem aber bleibt zu hoffen, dass Hagens Verantwortliche in Sachen Kultur, die wie alle Politiker Sonntagsreden über die Wichtigkeit von Kunst, Kultur und Bildung ablassen, tags darauf mit vielen ihrer Entscheidungen aber genau gegenteilig handeln, begreifen, welch einen Schatz dieses Theater bedeutet. Tag für Tag.

Christoph Schulte im Walde
















Fotos: Stefan Kühle