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Fakten zur Aufführung 

PELLEAS ET MELISANDE
(Claude Debussy)
21. September 2002 (Premiere)


Theater Hagen


VERFALL



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Georg Fritzsch interpretiert Debussys "Impressionen" mit dem spielsicheren Philharmonischen Orchester Hagen äußerst dezent, setzt auf den unendlichen Klang, dosiert gefühlvoll sacht-dramatische Akzente in einen intensiv-lyrischen Kontext. Was fehlt: das magische Geheimnis der musikalischen Transzendenz!

Magdalena Bränland singt sehr klangrein, setzt ihren weichen Sopran intonationssicher ein, phrasiert allerdings eher herb als ephemer - und das entspricht ihrer Rollen-Darstellung: Bränlands Melisande ist weniger mystisches Fabelwesen als vielmehr attraktiv-selbstbewusster Störfaktor im großbürgerlichen Verfall. Ebenso der einfühlsam gesungene Pelleas des Bernd Valentin: eher ein unsicherer Jüngling des verfallenen Bürgertums als rätselhafte Inkarnation einer Traumwelt: Für den ungemein kraftvollen Bariton Mathias Manns als impulsiv männlich agierenden Goland gilt das gleiche. Jae Jun Lees Arkel vermag stimmlich zu überzeugen ebenso wie Marilyn Bennetts Genevieve; sie sind Vertreter der verfallenen alten Generationen.

Das vorzügliche Sängerensemble bewegt sich auf einer Drehbühne (Pia Maria Packert): ein großbürgerlich-abfallendes Ambiente in Grün, gleich doppelt präsentiert. Immer wenn sich die Akteure in die "Gegenwelt" bewegen, finden sie sich im gleichen Interieur wieder, lediglich Wandbilder vom Wald bzw. vom Meer verweisen auf die Differenzen!

Spiel und Architektur sind Produkt der Inszenierungsidee von Marcus Lobbes. Er zeigt keinen magischen Symbolismus, sondern bezieht sich auf die Dramen Strindbergs oder Ibsens - Zeitgenossen Maeterlinkcks und Debussys - und zelebriert die Hilflosigkeit der Menschen im permanenten Verfall (groß-)bürgerlicher Strukturen. Doch gelingt es der Regie nicht, intellektuelle Analyse und emotionale Zwischenmenschlichkeit als Musiktheater-Erleben zu vermitteln.

Dementsprechend reagiert das Hagener Publikum - soweit es sich auf das ohnehin "schwierige" Werk einlässt - leicht zurückhaltend, würdigt aber musikalische und sängerische Leistungen mit langanhaltendem herzlichen Applaus, respektiert Regie und Bühne - ist allerdings leicht irritiert über die neutestamentarische Botschaft des "guten Hirten". (frs)