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Fakten zur Aufführung 

MONSIEUR ARRIERES MAKRO SCRABBLE
(Musik: Rochus Aust,
Text: Arna Aley)
6. Mai 2006
(Uraufführung: 13.5.06)

Theater Hagen
OPUS - neue bühne hAGEN

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Mittendrin statt nur dabei

Dass man zeitgenössische Musiktheater-Produktionen genauso wenig über einen Kamm scheren kann wie das klassische Opernrepertoire, dürfte inzwischen jedem klar sein. So kann man Neukompositionen meiner Ansicht nach in drei Kategorien einteilen. Erstens: Werke, deren hohe Qualität eine potentielle Aufnahme ins Musiktheater-Repertoire durchaus beinhalten und denen dies, zumindest teilweise, auch gelingt (z.B. Lachenmanns „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“). Zweitens: Solche Arbeiten, die vom Komponisten als durchaus repertoirefähiges Werk konzipiert worden sind, dieses Ziel jedoch aufgrund mangelnder Qualität nie erreichen (z.B. Eckehard Mayers „Das Treffen in Telgte“). Und drittens: Kompositionen, die nie als repertoire-taugliches Stück gedacht, sondern nur als singuläres Experiment umgesetzt werden. Zur letzteren Kategorie gehört sicherlich das Projekt „Monsieur Arrière’s Makro Scrabble“ am Theater Hagen.

Gefördert durch den Fonds Experimentelles Musiktheater, entstand unter der Regie von Heinz Friedl ein hoch interessantes und faszinierendes Ereignis, das zeigt, wie spannend experimentelles Musiktheater sein kann.

Die etwa einstündige "Installative Theateroper" (Text Arna Aley) hat keine stringente Handlung im eigentlichen Sinn. Im Mittelpunkt steht der skurrile Monsieur Arrière (in einer Sprechrolle Fosco Perinti), der in einer ebenso skurrilen Gameshow seine eigene Person verwirklichen will. Die absurden Fragekategorien: Pferd, Kuh, Schwein, Gans, Mühlstein. Seine Opfer sind die Zuschauer, die der diktatorischen Willkür des Showmasters hilflos ausgeliefert sind. Die gescheiterten Kandidaten werden abgeführt wie Josef K. in Kafkas „Prozess“.

Der Clou: Wir selbst, das Publikum, nehmen unweigerlich Anteil an Arrières Makro Scrabble. Die räumliche (durch die arenaartige Anordnung der Zuschauerreihen) und emotionale (durch die Verteilung von Chormitgliedern des Kettwiger Bach-Ensembles und Schauspielern im Publikum) Einbindung wirkt irritierend, bisweilen sogar merkwürdig erdrückend. Der Versuch, die Haltung als souveräner, außenstehender Rezipient möglichst lange beizubehalten, endet spätestens zu dem Zeitpunkt, als das gesamte Publikum den Raum verlassen muss und sich unversehens in einer Abflughalle wieder findet. Natürlich bei Monsieur Arrières eigener Fluglinie „Air Arrière“. Von dort geht es auf die Malediven, einen vermeindlichen Ort der Glückseligkeit.

Das Werk ist mehr Theater als Musiktheater. Musikalisch beschränkt sich Komponist Rochus Aust auf einige wenige Elemente. Drei Musiker (Heinz Friedl, Klarinette; Rochus Aust, Trompete; Bosco Pohontsch, Trompete) und zwei Sänger (Peter Schöne als Hans und Edeltraud Kwiatkowski als Mutter) sorgen für eine wirkungsvolle Umsetzung, gerade surch die reduzierte Besetzung.

In der zweiten von insgesamt drei Vorstellungen bestand das Publikum zum größten Teil aus Schülern der Sekundarstufe I. Und die verfolgten das unterhaltsame, unvorhersehbare Geschehen höchst aufgeschlossen, ließen sich ohne Einschränkung auf den Event „Experimentelles Musiktheater“ ein. Viel Beifall gab es am Ende dafür. (cd)


Fotos: © Stefan Kühle