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Fakten zur Aufführung 

AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY
(Kurt Weill)
13. Januar 2007 (Premiere)

Theater Hagen

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Mahagonny - Geldgier global

Rainer Friedemann als Regisseur nimmt Brecht beim Wort: „Theater ist Aufklärung mit den Mitteln der Unterhaltung“. Übertragen ins 21. Jahrhundert: Aufstieg und Untergang Babylons wird zu einem cool-kabarettistisch-revuehaften Geschehen mit einer Fülle von fehlgeleiteten Selbstdarstellern und unbegriffen-zynischen Voyeuren. Die konsequent verfremdete Szene endet als Totentanz und hoffnungsloser(?) Gottsuche.

Auf einem Straßensegment mit Asphalt und Leitplanken - von der Bühnen-Rückwand bis über den Orchestergraben - lässt Hartmut Krügener viel Raum für assoziationsreiches Spiel. Die Proszeniumslogen werden mit einbezogen. Die Kostüme verweisen auf die Usancen einer enthemmten Freizeitgesellschaft mit ihren individuellen schuldig-schuldlosen Übersteigerungen. Das Orchester ist zu beiden Seiten dieses Wegs in den Untergang platziert.

Steffen Müller-Gabriel vermittelt mit dem hochmotivierten Philharmonischen Orchester Hagen einen authentischen Weill-Klang mit durchgängiger Rhythmisierung und hörbar lustvollen „Zitaten“ à la Bach und klassischer Oper, überdeckt durch den Zwanziger-Jahre-Sound von Jazz und Fox und „Schlager“. Diese wunderbare Musik korrespondiert in ihrer Intimität mit der Dezenz der präsentierten gesellschaftlichen und individuellen Monstrositäten.

Ganz hervorragend die sängerisch-darstellerischen Leistungen des Hagener Ensembles. Da beeindrucken die gesanglichen Qualitäten, die mittels Stimme differenzierte Charaktere emotional vermitteln. Liane Keegan gibt der skrupellos-innovativen Begpick voluminöse Mezzo-Dramatik; Dagmar Hesse verleiht der ambivalenten Jenny einen ebenso variabel gesungenen Charakter; Dario Walendowski ist ein gescheiterter Jim Mahoney par excellence. Das gesamte Hagener Sänger-Ensemble verleiht der großartigen Aufführung das Fluidum eines atmosphärisch dichten Theaterabends. Der Chor trägt mit engagiertem Spiel und gekonnt-verfremdetem Singen zum grandiosen Erfolg des Abends bei.

Geradezu beglückend das Hagener Publikum: nichts ist mit mürrischer Verweigerung oder interesselosem Erdulden - da ist vielmehr ein gespannt erwartungsvolles Auditorium versammelt, das den Szenen verständnisvoll folgt und am Ende begeisterten Applaus spendet. Rainer Friedemann ist es zum Schluss seiner Intendanz offenbar gelungen, in Hagen eine neue(!) Begeisterung für das Theater zu wecken. Man darf gespannt sein, wie das unter der Ägide einer theater-ignoranten Kulturbürokratie weitergeht. Ein Vorgeschmack: Der Zugang zur Theater-Garage ist nach Ende der Veranstaltung - geschlossen! (frs)


Fotos: © Stefan Kühle