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Fakten zur Aufführung 

IDOMENEO
(Wolfgang A. Mozart)
29. Januar 2006 (Premiere)

Theater Graz

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Kaleidoskop

Symbolträchtige Bilder und energiegeladene Aktionen gaben Mozarts Oper „Idomeneo“ in Graz einen neuen, aber nicht ganz leicht verdaulichen Schliff. Elektra hackte sich die Fersen ab, um in die Brautschuhe ihrer Rivalin Ilia zu passen. Idomeneus erschien gleich selbst als Mozart, der am Ende von seinem eigenen Sohn kaltblütig umgebracht wird. Und in der Tiefe ließ sich die ungeheuerliche Allmacht von Mozarts Übervater nicht nur erahnen.

Wie viel Neues und Altes in der antiken Mythologie um den Kreterkönig Idomeneus steckt, konnte man in der Inszenierung durch Herbert Kapplmüller und Lisa Stumpfögger in allen Facetten erleben. Fast wirkte es, als imitierten sie Mozart selbst, der in seinem Werk verschiedenste Einflüsse zu einem Gesamtkomplex verband. Doch bei einer Sichtweise blieb es nicht. Kaleidoskopisch beleuchtete die Inszenierung Sein und Schein, Spiel und Wahrheit, Mythos und Geschichte. Motive wurden zu einem zeichenhaften Gestrüpp verknüpft, aufgeworfene Fragen aber nicht beantwortet. Warum auch, schließlich sollte es am Zuschauer selbst liegen, sich die Oper inmitten von Videoprojektionen, Chorgeflüster und Bühnengewimmel zu einem Ganzen zusammen zu setzen.

Tatsache ist: die Oper verlor sich in symbolbeladenen Details und schadete damit vor allem ihren eigentlichen Hauptträgern, den Darstellern. Sie wirkten fremdgesteuert ohne Ziel, imitierten Rollenklischees und wirrten im zusammen gezimmerten Bühnenraum umher. Einzig der Chor erhielt eigenständige Funktionen, indem er das Geschehen vom Zuschauerraum aus kommentierend begleitete. Seine auf Videoleinwände projizierten Gesten erschienen offensichtlich als die einzigen Gefühlsregungen an diesem Abend.

Gerade hinaus konnte schließlich die Musik überzeugen. Auch wenn es der Grazer Philharmonie unter der Leitung von Paul Goodwin zeitweilig an dramatischer Intensität mangelte, verbanden sich Orchester und Gesang eindringlich zu einer durchgeführten Linie. Johannes Chum (Idomeneo) bewies seinen vielschichtig angelegten Charakter auch gesanglich. Er beherrschte höchst anspruchsvolle Koloraturen wie in seiner Arie „Fuor del mar“ und beeindruckte gleichzeitig durch flexible Klangschattierungen. Ausdrucksstark und sehr gefühlvoll vermittelte auch Stephanie Houtzeel das Flehen des vom Vater zurückgewiesenen Idamantes. Margareta Klobučar (Ilia) schlug ganz den verführerisch lieblichen Ton an, den Natalie Dercho (Elektra) mit aufbrausender Intensität eindrucksvoll kontrastierte.

Theater erschien als geschichtlich-kultureller Code, der nicht entschlüsselt werden will, dadurch aber auch an Wirkungskraft einbüßte. Am Ende bekamen die Verschlüsselungskünstler Stumpfögger und Kapplmüller vom Publikum die provozierte Antwort serviert: lauter Buhs, den großen Beifall sparte sich das Publikum für die musikalischen Leistungen auf. (mk)


Fotos: © Monika Rittershaus