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Fakten zur Aufführung 

JULIETTA
(Bohuslav Martinu)
23. September 2006 (Premiere)

Theater Görlitz

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Ein Traum ist ein Traum ist ein Traum

Das wunderschöne Theater der Beinahe-Kulturhauptstadt Görlitz ist nicht voll besetzt; das heimische Publikum ist irritiert, sucht nach Assoziationen, diskutiert die scheinbare Lösung nach Ende intensiv – und gelangt zu der Erkenntnis, ein Musiktheater-Ereignis der besonderen Art erlebt zu haben. Das wird für die folgenden Aufführungen per Neugier und Stolz auf die Leistung „ihres“ Theaters zu gesteigerter Nachfrage führen!

Martinus faszinierender lyrischer Oper von 1938 (Uraufführung in Prag) geht es um die Irritationen von Erinnerungen und unbegriffenen, existentiell bedeutsamen Traumwelten von frappierender Aktualität. Im imaginierenden Bühnenbild von Karen Hilde Fries werden nicht-realistisch die Traumwelten in ihren Hoffnungen, Bedrohungen und Unwirklichkeiten zu assoziationsreicher Virtualität – unterstützt durch kalkuliert eingesetzte Bild- und Videoprojektionen von Makro-Fotografien und Filmzitaten. Brillant die gedrehten Leitern mit Lichterketten, das klaustrophobische Traumbüro im Stil kafkaesker Ausweglosigkeit.

Klaus Arauners Inszenierungsidee folgt den Intentionen Martinus und leitet den suchend-verführbaren Michel durch bedrängende Traumwelten auf der hilflosen Suche nach dem virtuellen Traumbild, eben Juliettas. Pointe: die traumhafte Rückkehr in die Traum-Realität mit der quälenden Frage nach der Konfrontation von Phantom und Selbsterkenntnis. Arauners Personenführung demonstriert diese Imaginationen in behutsamer Dynamik, niemals die bühnenmöglichen Chancen nachdenkenswerter Kommunikation verlassend.

Eckehard Stoer gelingt es mit der hochkonzentriert aufspielenden Neuen Lausitzer Philharmonie die Klangwelt Martinus mit ihrem neoklassischen Duktus nachhaltige Wirksamkeit zu verleihen. Der ganz eigene Stil Martinus mit seinen Anleihen im tschechischen Erbe und seinem tönenden Surrealismus wird als permanente Phantasmagorie intensiv hörbar.

Das Görlitzer Ensemble setzt die enormen Anforderungen an surreales Spiel und gebrochenen Gesang mit hoher Intensität um: Marc Horus ist ein traumhaft-suchender Michel mit überzeugendem Charisma; Yvonne Reich hat Figur und Stimme für Phantom Julietta; Frank Ernst gibt die verstörenden Figuren der Phantasmagorie mit subtiler Attitüde; und das gesamte Ensemble einschließlich des engagiert agierenden Chors bietet eine Glanzleistung in Sachen „neues“ Musiktheater.

Hochachtung für das Theater Görlitz, Hochachtung für einen Musiktheater-Abend auf höchstem Theater-Niveau. (frs)


Fotos: © Karen Stuke