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Fakten zur Aufführung 

DIE CHINESISCHE NACHTIGALL
(Theodor Ross)
16. Dezember 2007
(Premiere: 9. November 2007)

Stadttheater Gießen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Mit ganz viel Liebe gemacht

Zu seinem Glück fehlt dem Kaiser von China eigentlich nur noch eines: die Verfügungsgewalt über jene betörende Vogelstimme, von der ein dickes schlaues Buch berichtet. Es ist die Nachtigall, deren Gesang („zi-zibee, zi-zibee“) so verzaubert! Und Pa fong, das Küchenmädchen, ist, so scheint es, die einzige im ganzen Reich, die weiß, wo sich der Vogel verborgen hält. Hans Christian Andersen hat das Märchen „Die chinesische Nachtigall“ aufgeschrieben, Hannelore und Elmar Gehlen haben es für das Stadttheater Gießen eingerichtet, Hans Walter Richter hat es inszeniert. Herausgekommen ist ein Bühnenstück mit Musik von Theodor Ross, das für Kinder ab fünf Jahren zu einem echten Renner geworden ist. In der von Opernnetz.de besuchten Aufführung konnte bereits das 10.000 Kind begrüßt werden. Alle Achtung!

„Ich will, ich will, ich will“, brüllt der Kaiser und stampft wie eine jähzornige Göre auf seinem Prachtbett herum. „Ich will diese Nachtigall haben – in einem Käfig.“ Der halbe Hofstaat schwärmt daraufhin aus, das kaiserliche Begehren zu stillen. Doktor Lo Shen, der schwerhörige Leibarzt, entpuppt sich trotz seiner großen Gelehrtheit als Flopp bei der Suche, versteht statt „Nachtigall“ nur „Galle“ oder „Gallionsfigur“... Danach wird nicht gesucht, auch nicht nach einer stattlichen Kuh, die auf die Bühne trabt und mehrmals ein kräftiges „Muh“ stöhnt. Aber am Ende, wie könnte es anders sein, ist das Objekt der Begierde natürlich gefunden und alle berauschen sich am Klang der Nachtigall. So soll es sein für alle Zeiten! Doch der Kaiser muss lernen, dass sich die Nachtigall nicht ihrer Freiheit berauben lässt. Das Küchenmädchen beendet die Gefangenschaft im goldenen Käfig, der Kaiser bekommt dafür eine Vogelmaschine. Mit einem großen Schlüssel zum Aufziehen. Lustig flattern die blechernen Flügel, stets reproduzierbar ist das Zirpen. Aber was ist diese künstliche Stimme gegenüber der lebendigen?

Die Moral von der Geschicht’: man kann sein Glück nicht erzwingen. Und sperrt man es auch in einen goldenen Käfig!

Die Gießener Produktion ist mit allergrößter Liebe gemacht, bietet opulente Kostüme (Ausstattung: Bernhard Niechotz), kommt ansonsten aber mit überschaubaren Mitteln aus: die Bühne wird durch hohe milchglasartige Schiebewände in Vorne und Hinten geteilt. Der Kaiserpalast ist nicht anderes als ein übergroßes Kaiserbett mit einem Plüsch-Panda. Der Wald, in dem die Nachtigall zuhause ist, wird im Hintergrund angedeutet. Alles andere entsteht in der Fantasie der Kinder, die im rappelvoll besetzten Theater in jeder Sekunde mitfiebern, mitlachen, mitsingen. Schnell ist Küchenmädchen Pa Fong (Sabine Gehre) als Liebling auserkoren. Dem Kaiser (Karsten Morschett) nimmt man seine Nachtigallen-Sucht auf jeden Fall ab. Die Dame Li als Oberhofmusikantin (Petra Soltau) gibt sich ebenso leicht trottelig wie der Palastwächter (auch diesen gibt Karsten Morschett). Gunnar Seidel muss als Doktor krächzen und spricht unablässig durch die Nase. Nicole Tamburro ist die einzige, die singt. Und wie! Halt ganz nachtigallisch!

Wie man das ganz junge Publikum ins Theater lockt, wie man es mit Musik und Gesang vertraut zu machen beginnt, das zeigt Gießen mit dieser Produktion ganz exemplarisch.
Christoph Schulte im Walde

 



Fotos: Rolf K. Wegst