|
Andre Previn - Pianist, Dirigent,
Filmkomponist. Endstation Sehnsucht - Südstaatendrama von Tennessee Williams,
Film von Elia Kazan mit Marlon Brando und Vivien Leigh. In Gießen erlebt
die Oper dumpfer auswegloser Leidenschaften ihre deutsche Premiere: musikalisch
Britten, dem Jazz und amerikanischer Klassik verpflichtet, gut hörbar,
eingängig und kalkuliert emotional; dramaturgisch (Libretto: Philip Littell)
ein Spannungsbogen verwirrter Gefühle, trivial, brutal, sentimental, bisweilen
in metaphorischen Monologen mit aufgesetztem Tiefsinn; dem immanent lastenden
Ungeheuerlichem des Sexuellen nicht trauend.
Herbert Gietzen bringt den american sound im Stil interpretierend-konstrastierender
Filmmusik mit dem agilen Philharmonischen Orchester Gießen eingängig über,
hat genügend Sensibilität für ariose Passagen und zelebriert die harmonisch-bedeutungsschwangeren
Intermezzi sehr eindringlich.
Mit Sabine Paßow von der Berliner Komischen Oper ist die verstört lebenslustig-sexhungrig
erniedrigte Blanche eine Idealbesetzung - wandlungsfähig in beeindruckender
Stimme und in ausdrucksvoller Gestik und Darstellung. Aus dem Gießener
Ensemble hinterlassen Juan-Carlos Mera-Euler als brutal-dumpfer "Kuschelbär",
Rachael Duncan als sexuell-hörige Stella sowie German Villar als doppelmoralischer
Mich und Henrietta Hugenholtz als melancholischer Tod nachhaltigen Eindruck.
Die Regie Helmut Polixas vermeidet opernhaft-statische Attitüden, inszeniert
die scheinbar ausgeglichenen zwischenmenschlichen Beziehungen als Geflecht
von Aggressionen und gibt den vorzüglichen Sänger-Darstellern vielfältige
Gelegenheiten zu engagierten Spiel.
Die Bühne von Matthias Moebius ist eine abstrakte Konstruktion begehbarer
Treppen, Plateaus und Lattengerüsten, nutzt die Möglichkeiten der Bühnentechnik
- verschiebbare Accessoires - effektvoll-angemessen.
Im geschmackvoll restaurierten intimen Gießener Jugendstilhaus ist eine
selten erlebbare community von jungen und alten, offenbar wohlinformierten
Mustiktheaterkennern zusammengekommen. Die Zustimmung ist herzlich, würdigt
Werk, Musik, Gesang und Regieteam angemessen positiv. Das ideale Publikum,
um neue Stücke zur Diskussion zu stellen! (frs) |
|