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Fakten zur Aufführung 

LOHENGRIN
(Richard Wagner)
25. April 2008 (Premiere)

Bühnen der Stadt Gera - Landestheater Altenburg


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Blühende Landschaften

Helmut Kohls Märchen-Statement von den „blühenden Landschaften“ tönt aus dem Off, lässt während der getragen vermittelten Ouvertüre kontroverse Assoziationen reifen - und dann das naiv-unschuldige Mädchen Elsa vor einem Gericht, beschuldigt vom skrupellosen Investor Telramund, unterstützt von seiner wendehalsigen Partnerin Ortrud (ihr FDJ-Hemd ist unübersehbar), die Kohl-Nachfolger Schröder und Merkel als Kontrolleure des zweifelhaften Verfahrens wie einst der abwiegelnde König Heinrich - und ein stur sozialistisch utopisierender Künstler-Typ Lohengrin: Der Tabu-resistente junge Regisseur Florian Lutz skizziert die verquaste Situation des „neuen Deutschlands“ als hoffnungslos – mit einer Pieta Elsas mit dem toten Gottfried, dem „Herrscher von Brabant“. Bratwurstbuden, platte Folklore bestimmen das „Grüne Herz Deutschlands“, unbegriffener Kommerz ist allgegenwärtig.

Dieter Richters Bühne – eine abgewickelte Fabrikhalle mit Ausblicken auf die Schlote Geras – illustriert die zerstörten Landschaften, verweist auf desolate Entwicklungen. Andrea Kannapees kommentierende Kostüme lassen den polit-kritischen Impetus sinnlich erfahrbar werden.

Thomas Wicklein vermeidet mit dem hellwachen Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera jeglichen romantischen Schmalz, betont vielmehr die nachdenklichen Passagen und setzt auf durchaus aggressive Strukturen im Zusammenspiel der Instrumentengruppen und interpretierende Soli – dabei immer in kommentierender Balance zum Bühnengeschehen.

John Horton Murray ist relativ kurzfristig in die Probenarbeit eingestiegen, verkörpert einen fast stoischen künstlerisch-idealistischen Lohengrin, hat offenkundig Probleme mit der Intonation, doch gelingt ihm die Gralserzählung mit tenoraler Intensität. Bernhard Hänsch fasziniert durch eine subtil charakterisierende Darstellung der Schröder und Merkel, verleiht dem König Heinrich souveräne Stimme, so wie Serge Novique den Heerrufer als markanten Politfunktionär mit außerordentlicher Stimmkraft eindrucksvoll interpretiert! Der sonst so überzeugende Teruhiko Komori kämpft als Telramund mit den anspruchsvollen Vorgaben Wagners – kommt mit seinem starken Stimm-Material doch respektabel mit den Anforderungen klar. Franziska Rauch ist eine zart-mädchenhafte Elsa, ihre sensibel-flexible Musikalität gewinnt auch in den dramatischen Szenen gültige Statur. Mit kraftvoll-variablen Mezzo beeindruckt Susanne Gasch als ambivalent-aggressive Ortrud. Und die Edlen und Edelknaben sowie der Thüringer Opernchor und der so viel erprobte Slowakische Chor Bratislava tragen zum Erfolg der spektakulären Aufführung entscheidend bei!

Natürlich verstört manchen Besucher die provozierende Abweichung vom gewohnten Wagner-Romantizismus; doch gibt es auch viel Verständnis für das Bemühen, deutsch-deutsche Befindlichkeiten als Konglomerat von Historie, karikierender Aktualisierung, lokalen Bezügen, Fatalismus und Resignation mit den Mitteln von Scherz und Ironie zu vermitteln. Das entstehende Duell zwischen Buhs und Bravos wird – leider! – durch einen viel zu früh schließenden Vorhang abrupt beendet. (frs)
 










Fotos: Karen Stuke