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Fakten zur Aufführung 

ANTIGONE
(Tommaso Traetta)
7. März 2008 (Premiere)

Bühnen der Stadt Gera


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Tragödie - packend auch ohne Szene

Die „Bühne am Park“, das Kleine Haus der Bühnen der Stadt Gera, hätte Schauplatz einer experimentellen Inszenierung werden sollen. Doch im Vorfeld der Premiere von Tommaso Traettas „Antigone“ gab es offenbar Zwist. Zwischen Dirigent Howard Arman und Regisseurin Brigitte Witzenhause müssen unüberwindliche Differenzen bezüglich der Ausgestaltung der Oper mit optischen und zusätzlichen akustischen Mitteln bestanden haben. Angedacht war wohl auch, die Distanz zwischen Publikum hier und Akteuren dort aufzuheben, das Stück quasi im Zuschauerraum spielen zu lassen. Der Plan platzte, die Intendanz entschied sich zu einer konzertanten Aufführung im Konzertsaal. „Oper im Frack“ also.

Der Stoff ist geläufig: Antigone will ihrem Bruder Polyneikes über dessen Tod hinaus Gerechtigkeit widerfahren lassen, ihn ordentlich bestatten. Wie Eteokles, ihren anderen Bruder – beide hatten sich gegenseitig vor den Toren der Stadt Theben getötet.

Tommaso Traetta, der diese antike Tragödie in Musik gesetzt und den Dreiakter 1772 in St. Petersburg ans Licht der Welt gebracht hat, ist ein unbeschriebenes Blatt. Und seine Antigone versank dann irgendwann im Dunkel. Dabei lohnt sich dieses Werk durchaus, zumal dann, wenn – wie eben jetzt in Gera – auf ausgesprochen hohem Niveau musiziert wird. Barockoper am „ganz normalen“ Stadttheater mit dem „ganz normalen“ Sinfonieorchester: das ist inzwischen ja keine Seltenheit mehr, gelingt aber längst nicht immer und durchweg so überzeugend wie hier mit dem Philharmonischen Orchester Altenburg-Gera. Gastdirigent Howard Arman, der britische Barock-Spezialist und Chef des MDR-Rundfunkchores Leipzig, motiviert es und liefert spannungsreiche 140 Minuten, die voll sind von Tragik und Schmerzen, voll Hoffnung wider alle Hoffnung, die hier und da einen Silberstreif am Horizont heraufbeschwören.

Gesungen wird auf beachtlichem Niveau. Neben den hauseigenen Solisten Katrin Strocka in der Titelrolle und Peter Paul Haller als Creonte beeindruckt vor allem Isbael Hindersins fein gezeichnetes Rollenporträt der Ismene. Tobias Berndt (Emone) und Alexander Pinderak (Adrasto) lassen sich mit Haut und Haar ein auf die vom Dirigenten vorgegebene, kompromisslos historisch orientierte Lesart der Partitur, die all ihre leuchtenden Farben offenbaren darf. Arien, Duette, Ensembles – wirklich gute Musik!

Doch der heimliche Star dieser konzertanten Aufführung ist Anna Röder, Schauspielerin am thüringischen Theater. Sie rezitiert Sophokles und lebt das dramatische Geschehen mit jeder Faser ihres Körpers, mit jedem Laut ihrer virtuos wandlungsfähigen Stimme.

Das Publikum im Konzertsaal lauscht mit höchster Konzentration – und ist fasziniert.

Christoph Schulte im Walde

 

 




Fotos: Hans-Peter Habel