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Fakten zur Aufführung 

SIEGFRIED
(Richard Wagner)
28. November 2007
(Premiere: 4. November 2007)

De Vlaamse Opera Gent


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Kaputte Computerwelt

Nachdem Ivo van Hoves genial-kreative Walküre im unausweichlichen Chaos der alles zerstörenden Computerwelt endete, stellte sich schon die Frage nach der Steigerung der Untergangs-Szenarien.

Und im Siegfried findet sich dann auch „nur“ eine individuell erlebte „Fallstudie“ der kaputten Computerwelt: Siegfried und Mime leben in einem hermetischen IT-Labor, die Außenwelt wird durch Bildschirme wahrgenommen und entsprechend adaptiert.

Jan Versweyveld bietet ein Chaos von zertrümmertem Elektronikschrott, arbeitet mit Schlingensiefs Überangeboten optischer Provokationen – ohne allerdings (trotz einer Hasen-Ikone) die „Zweckrationalität“ der interpretierenden Konstruktionen imaginativ zu vermitteln.

Ivan Törcs leitet das kollektiv-perfekte Symfonisch Orkest van de Vlaamse Opera zu einem durchgängig dramatischen Klang, betont vor allem die interpretierenden Motive und macht die Intentionen Wagnerscher „Philosophie“ hörbar.

Mit Lance Ryan ist ein Lap-Top-Siegfried zu sehen, dem attraktives Bühnenhandeln nicht fremd ist, der stimmlich die musikalischen Herausforderungen annimmt und durchaus kompetent mit heldentenoraler Strahlkraft überzeugt. Die indisponierte Jayne Casselman agiert hoch intensiv, am Portal singt Tina Kiberg mit eindrucksvoller Musikalität, ohne allerdings die diskrepante Gefühlswelt der Brünnhilde imagierend zu vermitteln. Peter Bronder überzeugt als stimmlich variabler Mimi, James Johnson gibt dem „Wanderer“ mystische Faszination; Werner van Mechelen gibt dem Alberich dämonische Kraft; James Moellenhoff steuert einen fundiert-tiefen Fafner bei, Elzbieta Ardam gibt der Erda geheimnisvollen Klang; und Insun Min verleiht dem Waldvogel lustvoll-kolorierende Verzierungen.

Das bemerkenswert aufgeschlossene Publikum in der atmosphärisch dichten Oper von Gent lässt sich auf die aktualisierende Präsentation ein, besteht nicht auf durchgängige „logische“ Konsistenz und akzeptiert den dramatischen Stillstand in den Wechseln von virtuellen und mythischen Parallelwelten, die dann für die „Realität“ stehen.

Wenn denn nach der „Fallstudie“ Siegfried – wie schon nach der Unheil verkündenden „Walküre“ – die menschen- und götterfeindliche Welt im desaströsen Elektronikschrott versinkt: Was wird dann die Götterdämmerung da noch bieten?

Optische Provokationen, musikalische Stringenz, sängerische Opulenz, spontane Zustimmung des neugierig-offenen Publikums reichen da nicht aus: Ivo van Hove und Jan Versweyveld muss da mehr einfallen als Varianten des mehrmals Gesehenen! (frs)