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Fakten zur Aufführung 

TURANDOT
(Giacomo Puccini)
9. Juli 2005

Veltins-Arena Gelsenkirchen

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Kolossal gescheitert

Die größte Opernproduktion aller Zeiten sollte es werden. Eine gigantische Bühne, hunderte von Mitwirkenden und bis zu 30.000 Zuschauer in der Veltins-Arena auf Schalke standen als Garant dafür. Schade nur, dass den Verantwortlichen ein kleines Detail wohl entgangen ist: Für eine Opernproduktion bedarf es eben auch einer überzeugend aufgeführten Oper.

Natürlich steht die Musik von Puccini für sich selbst. Doch wer Kolossales verspricht, der muss mehr bieten als Mittelmäßiges. Eine Regie, die sich auf Superlative verlässt ohne eigene Ideen zu präsentieren muss daher zwangsläufig scheitern. Besonders beim Statisteneinsatz beschränkte sich Zhang Yimou auf eine Demonstration der Bühnengröße, für die Handlung selbst blieben die zahlreichen flanierenden Soldaten und Bürger befremdlich irrelevant. Auch die Personenführung der Protagonisten kam über einen statischen Frontalgesang nicht hinaus, Dramatik oder Spannung zu inszenieren schien nicht nur unmöglich, sondern sogar gänzlich unbeabsichtigt.

Das gelangweilt wirkende Orchestra Giuseppe Verdi di Salerno unter Leitung von Janos Ács passte sich diesem Marionettentheater an, spielte ohne Spannung, litt besonders im ersten Akt unter der katastrophalen technischen Aussteuerung der Verstärkeranlage in der Arena.

Nicola Martinuccis „Nessun dorma“ strahlt allen Widrigkeiten zum Trotz voll Emotion. Sein Calaf bekommt sympathische Statur, verliert aber gegen Ende an Kraft. Irina Gordeis Turandot besticht zunächst durch schneidend-kühlen Sopran, der emotionale Wandel zu Verzweiflung und Liebe wird stimmlich wie mimisch jedoch nicht mitvollzogen: Gordei bleibt unberührt bis zum Schluss. Erfrischend variabel im Klang zeigten sich Yao Hong als Liu mit perlendem bis elegischem Sopran und Alexander Anisimow, der der Rolle des gescheiterten Timur mehr als gerecht wird.

Das Publikum möchte sich amüsieren, lässt sich von all den Schwächen nicht irritieren und applaudiert ausdauernd sich selbst. Kaum verwunderlich, durch lautstarkes Hinweisen auf Bühnendetails und regelmäßige Gänge zum Bier- und Getränkestand während der Vorführung breitete sich fast schon eine Art Volksfeststimmung aus. Die peinlich beliebigen Projektionen der Aufführung auf zwei Großleinwände, um auch den hintersten Reihen das Geschehen auf der Bühne zu zeigen, verstärkten das Gefühl eines großen Open Air-Kinos. Ein gelungenes Event, ohne Frage, wenn, ja, wenn nicht der eigene Anspruch einer großartigen Opern-Produktion so kolossal gescheitert wäre. (jan)