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Fakten zur Aufführung 

SAMSON ET DALILA
(Camille Saint-Saens)
21. März 2009 (Premiere)

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


Points of Honor                      

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Dramatik in Musik und Gesang

1877 in Weimar, 1890 in Rouen uraufgeführt: schon diese Daten vermitteln den spätromantischen Charakter der hochemotional-spektakulären Saint-Saens-Oper. Der alttestamentarische Mythos wird zum individuell-tragischen Drama im mörderischen Antagonismus der kollektiven Mächte – beeinflusst und entschieden durch unbegreifliches „göttliches“ Handeln.

Konzertant präsentiert, reduziert sich das grandiose Werk auf die musikalischen und gesanglichen Komponenten – verzichtet auf die monumentalen Effekte, und kann die Beziehungs-Zusammenhänge der spirituell geleiteten Figuren nicht in ihren Widersprüchen zeigen. In der Gelsenkirchener Aufführung wird das zum spürbaren Defizit: Musik und Gesang erklingen ohne szenische Atmosphäre, ohne kommunikatives Umfeld.

Ricardo Tamura steigert sich mit seinem durchsetzungsfähigen Tenor zu einem prophetisch-selbstzerstörerischen Samson mit grandiosem Finale, ist aber über die Zeit zu sehr mit seiner fulminanten Stimme beschäftigt, statt die zwiespältigen Gefühlswelten des archaisch-begnadeten Helden in ihrer emotionalen Verwirrung zu vermitteln. Anna Agathonos verleiht der Dalila mit ihrem warmen Sopran einschmeichelnd lyrischen Klang als erotisch-verführerische Frau, doch fehlt ihr zur Wandlung als ideologisch-fanatische Rächerin die Szene – und die ätzende Aggressivität in der Phrasierung. Björn Waag gibt den Dagon-Oberpriester mit gnadenloser Härte, setzt seine voluminöse Stimme mit stupender Kraft ein. Michael Tews überzeugt stimmlich als kämpferischer Abimelech und warnender Hebräer – sonor im Klang, durchaus differenzierend in zweifelnden Zwischentönen. Sung-Kwan Park, Jan Ciesielski und Jerzy Kwika bleibt das unspektakuläre Artikulieren der Philister, können sich auch stimmlich nicht profilieren.

Die Neue Philharmonie Westfalen gelangt nach anfänglichen Unsicherheiten und klanglicher Diffusität unter dem energisch leitenden Heiko Mathias Förster zu prononciertem Klang, vermittelt die Substanz der Musik Saint-Saens’ mit differenziertem Nachdruck, glänzt mit stimulierenden Crescendi, berauschenden Tutti und emotionalisierenden Streicherpassagen, gibt den Instrumentengruppen Raum für intensive Interpretation.

Der Opernchor des MiR – platziert im hinteren Viertel des Podiums – präsentiert sich unter Leitung von Christian Jeub als ungemein stimmstark, vermag aber nicht den Rollentausch von leidenden Israeliten und rachedürstenden Philistern in der unbedingten Konfrontation zu vermitteln – da fehlt eben die szenische Stimulierung!

Das Publikum im Musiktheater im Revier registriert das Angebot wie ein thematisch zentriertes Konzert, dankt Orchester, Chor und Solisten mit herzlichem Applaus - die Verzauberung der Oper will sich allerdings nicht einstellen. Konzertante Aufführungen sollten offenbar mit verstärkter Intensität vorbereitet werden. (frs)