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Fakten zur Aufführung 

DIE LIEBE ZU DEN DREI ORANGEN
(Sergej Prokofjew)
6. Februar 2011
(Premiere: 29. Januar 2011)

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


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Komödie, Tragödie - Illusion

Die Stufen vor einem Palast sind zu sehen – und zwar ganz deutlich gemeint als Theaterkulissen. Hier beginnt das Märchen Die Liebe zu den drei Orangen, geboren aus einem Streit zwischen lautstarken Befürwortern von Komödien auf der einen, von tragischen Dramen auf der anderen Seite. Das deutlich an seiner Kleidung erkennbare Regieteam soll es richten und präsentiert die Geschichte vom unglücklichen Prinzen. Der Chor (prächtig einstudiert von Christian Jeub) leistet in diesem Wettbewerb ganz hervorragende Arbeit.

Regisseur und Bühnenbildner Elmar Gehlen befeuert Prokofjews Werk, das letztlich Komponenten aus fast allen Opern-Gattungen enthält, mit immer neuen Regieeinfällen, die die ohnehin stringente Handlung unaufhörlich vorantreiben. So wird der Opernabend zu einen kurzweiligen Ereignis.

Nicht hoch genug gelobt werden kann Gehlens Einfall, hinter der Kulisse des Schlosses schräg geneigte Spiegel aufzuhängen. Da werden zum einen Ereignisse sichtbar, die sich eigentlich im Verborgenen abspielen sollen. Zum anderen sorgen diese Spiegel für perfekte Illusion! So wird der Marsch durch die Wüste wirklich als endloser Zug durch den Sand wahrgenommen. Ein sehnlichst herbeigewünschter Fluss lässt sich mit diesem Spiegeltrick realisieren. Nicht zuletzt ist es der Teufel Farfarello, der wirklich mit einem defekten Regenschirm durch die Luft zu fliegen scheint. Großartig.

Dass in einem Stück, in dem es um die Vorlieben des Publikums geht, auch eine direkte Ansprache eben dieses Publikums gibt, leuchtet ein.

So enthält diese Inszenierung der Liebe zu den drei Orangen wirklich alle Elemente, von denen Theater lebt: umwerfende Komik, die bestens repräsentiert wird von Joachim G. Maass als mordender Köchin mit dunklem Bass. Aber auch zarte Liebesszenen mit dem Prinzen, den Lars-Oliver Rühl toll singt und auch mit sichtlichem Vergnügen spielt. Seine Angebetete ist Alfia Kamalova mit einem bezaubernd lichten Sopran. Aber es gibt auch dunkle Mächte, die sich mit guten Magiern messen. Noriko Ogawa-Yatake ist eine herrlich böse Fata Morgana, Almuth Herbst ihre willfährige Gehilfin Smeraldine, der ihr Gegenspieler Celio (Bjørn Waag) zunächst hoffnungslos unterlegen ist. Nikolai Miassojedov macht als König Treff eine gute Figur, hätte mit ein wenig mehr stimmlicher Durchschlagskraft die Intriganten an seinem Hof sicher besser noch besser in Schach halten können. Gudrun Pelker mit schönem Alt als Prinzessin Clarice und Dong-Won Seo als ekliger Minister Leander sind ebenbürtige Gegner. Inmitten des chaotischen Geschehens leistet William Saetre als der der Commedia dell’arte entsprungene Truffaldino ganze, sprich: ungemein komische Arbeit. Nicht weit davon entfernt Charles E. J. Moulton als stimmlich wie darstellerisch sehr agiler Farfarello.

Die kleineren Rollen des höchst personalintensiven Stücks sind super besetzt – auch dank des „Jungen Ensembles am MiR“, dem Mohsen Rashidkhan (Pantalone), Engjellushe Duka (Prinzessin Linetta) und Dorin Rahardja (Prinzessin Nicoletta) angehören.

Zusammen gehalten wird die Inszenierung auch durch Martina Feldmanns Kostüme. Die sind ein echter Hingucker. Und es beeindrucken vor allem die endlos fantasievollen Grautöne der Chorkostüme.

Rasmus Baumann und die Neue Philharmonie Westfalen tun das Übrige und schaffen treibende, vorwärts drängende Prokofjew-Klänge voller unterschiedlicher Farben und von bezwingendem Temperament. Kein Wunder, dass das Publikum im vollbesetzten Haus sich restlos begeistern lässt und enormen Spaß an dieser Produktion zeigt.

Thomas Hilgemeier


 












 
Fotos: Pedro Malinowski