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Fakten zur Aufführung 

THE BEST OF 25
(Hans Liberg)
25. November 2008

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


Points of Honor                      

Musik

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Der agent provocateur

In der Branche wird er als „Musikkomiker“ gehandelt - und damit gnadenlos abgewertet. Was dieses niederländische musikalische Multi-Talent auf seine Bühne bringt, am Piano an frappierenden Variationen und Verfremdungen virtuos thematisiert und karikiert, was er an Kommunikation mit dem permanent einbezogenen Publikum animierend treibt - das ist der lustvoll wirbelnde agent provocateur für das, was gemeinhin als lähmend langweilende „Klassik“ denunziert wird.

Seit 25 Jahren betreibt Hans Liberg sein animierendes Gewerbe als Spötter, Versteher, Vermittler, Innovator, Entertainer, Kommunikator mit wachsendem Erfolg – und immer mehr enthusiasmierten Zuschauern und Zuhörern. Im Musiktheater im Revier agiert er vor Tausend hingerissenen afficionados: spielt mit sakrosankten Schätzen der Klassik, verballhornt sinfonische Jahrhundertwerke, ironisiert Opern-Themen, macht sich über gängige Cross-Over-Praktiken lustig, beherrscht auch die Gitarre in höchster Perfektion, wechselt immer wieder zum Piano, das er in souveräner Leidenschaft bearbeitet – mit unvorstellbarer Kenntnis der improvisierten Themen, mit einem phantastischen Verständnis für Rhythmik, Harmonien und exzentrischen Variationen – und verblüffenden Verzahnungen des Nicht-Zusammengehörenden incl. Übergriffen in die musikalische Welt des etablierten Pop. Dabei wird er unterstützt von einem kuriosen Streichquartett und einer unerschütterlichen Mezzo-Sopranistin: er wuselt über die Bühne, verführt das Publikum zum Mitmachen, ertappt die Mit-Singenden und –Klatschenden beim musikalischen Irrtum, verbrüdert sich mit allen in freien Improvisationen - und erntet stürmischen Applaus. Allein verhalten-gestisch gelingt es ihm sogar, einen wie blöd blitzenden Fotografen zum Ablassen vom frevelhaften Tun zu bewegen.

Allein im November 2008 gibt es diese exorbitante Show elfmal, in zehn verschiedenen Häusern – von Doetinchem und Almelo über Paderborn und Lingen bis nach Bielefeld und Krefeld; woher dieser begnadete Kenner und Könner seine offenbar unerschöpfliche Kreativität nimmt, das grenzt an physische und mentale Wunder!

Seine Spielfläche schafft er sich selbst, es ist der spärlich möblierte Kommunikationsraum eines suggestiven Wirbelwinds – mit hochperfekt kalkulierten Abläufen, nebst subversiven elektroakustischen Einspielungen. Liberg ist nicht der Hohepriester der Klassik (was Karajan mit seinem missionarischen Engagement für die modernen Reproduktionstechniken werden wollte) – er ist der leidenschaftliche Mönch im Dienste der Musik!

Allerdings: Der „Aufhänger“ mit der chinesisch verstandenen Klassik trifft eine aktuelle Entwicklung - mit den Dekorationen und Kostümen im Mao-Look desavouiert er jedoch die Protagonisten des epochalen Trends: war doch nicht nur Tan Dun als die Gallionsfigur der weltweit bewunderten chinesischen Musik-Kultur ein Opfer der Kultur-Revolution; und sind Lang Lang und die vielen anderen Solisten mitnichten Botschafter einer elenden Periode. Bei allem Spaß: da ist ein wenig mehr historisches Bewusstsein gefragt ! (frs)