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Fakten zur Aufführung 

MANON LESCAUT
(Giacomo Puccini)
18. September 2009 (Premiere)

Kirche St. Georg Gelsenkirchen
Musiktheater im Revier


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Leidensweg

Konzertant – mit bewegender Botschaft! Die Bühnentechnik im Musiktheater im Revier wird überarbeitet (um fit zu sein für das 50jährige Jubiläum des architektonisch-künstlerischen „Gesamtkunstwerks“), und deshalb spielt sich das Geschehen im Kleinen Haus und in der Kirche St. Georg ab.
In der mächtigen Vierung mit krönender Kuppel des neoromanischen Gebäudes ist das Orchester unter einem dreireihigen Lampenkranz platziert – im Hintergrund zwar, aber optisch im Fokus! Davor die Gesangs-Solisten – mit wohl kalkulierten Gängen, sparsam-ausdrucksvollen Gesten, aufeinander zugehend, nicht starr aufs Singen fixiert.
Durch stimmliche Nuancierungen und angedeutete Darstellung wird ergreifend deutlich: es geht um den Leidensweg der „benutzten“ Manon. Petra Schmidt vermag die Emotionen des Charakters hinreißend auszudrücken, variiert ihre kraftvoll-strömende Mittellage zu bewegender Emotionalität, findet mit stimmschönen Tiefen und bravourösen Höhen zu schlüssiger Interpretation. Ricardo Tamura als kämpferischer Des Grieux entwickelt sich mit hoher Konzentration immer mehr zu einem der herausragenden Spinto-Tenöre: ausgestattet mit beeindruckender Substanz gelingen ihm Passagen nahezu perfekter Italianitá, vermittelt er mit durchgängigem Legato differenzierten Ausdruck, reißt mit strahlenden Höhen die Zuhörer hin. Björn Waag gibt dem Bruder Lescaut mit seiner sensibel gestaltenden Stimme den Charakter des eher hilflosen Mitleidenden. Michael Tews ist der brutal-fordernde Geronte, präsentiert seine bemerkenswerten stimmlichen Möglichkeiten mit überzeugender Ausdruckskraft.
Andreas Hermanns kommentierend-zusammenführender Edmond, Dong-Won Seos Wirt und Kommandant sowie die brillante Denitsa Pophristova als Musiker und E. Mark Murphy als Ballettmeister sind die kompetenten Mitglieder des selbstbewusst auftretenden MiR-Ensembles. Der Chor repräsentiert mit differenziertem Einsatz die nachgerade stupende Fähigkeit zu kollektivem Singen im Dienst einer nachvollziehbaren „Idee“; unter Christian Jeub interpretiert der Chor die Stationen des Leidenswegs mit hinreißender Intensität!
Rasmus Baumann dirigiert sehr aufmerksam, führt die absolut spielfreudige Neue Philharmonie Westfalen zu transparentem Zusammenspiel, akzentuiert die Instrumentengruppen mit den grandios intonierenden Streichern als Basis, und integriert Musik und Gesang zu durchaus emotionalisierendem Klang.
Die dramaturgische Vorarbeit Wolfgang Willascheks – mit der Fokussierung auf individuell erlittenes Leid – darf bei dem äußerst intensiven musikalischen Geschehen nicht unbeachtet bleiben. Im sakralen Raum verfolgt ein hoch motiviertes Publikum den bewegenden Ablauf mit großer Empathie – zögert am Ende den wichtigen Augenblick lang mit dem begeisterten Applaus für Orchester und Sänger. Eine nachhaltige Symbiose von Musiktheater und Publikum.

Franz R. Stuke

 







 Fotos: Pedro Malinowski