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Fakten zur Aufführung 

LAMENTI
(Claudio Monteverdi)
NEITHER
(Morton Feldman)
19. Dezember 2009 (Premiere)

Kirche St. Georg Gelsenkirchen
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Klagen – barock/modern

Das ist schon ein anspruchsvolles Unterfangen: Eine Jahrhunderte überschreitende Zeitreise von den Anfängen der „Oper“ im frühen 17. Jahrhundert bis zu avancierten Ausdrucksformen zu Ende des 20. Jahrhunderts. Intention: Ziel ist der Ausdruck menschlichen Leidens mittels Gesang. In der neoromanischen Kirche St. Georg steht dafür ein atmosphärisch stimulierendes architektonisches Ambiente bereit.

Spielflächen im Kirchenraum, umgeben von den Zuschauern, die Musiker integrierend, schaffen die Plätze für Annett Göhres Imaginationen musik-adäquaten Tanz-Theaters.

Monteverdis Lamenti – Tancredi und Clorinda, D’Ottavia, D’Arianna, Della Ninfa – werden vom Ballett Schindowski umgesetzt in imaginierende Körperlichkeit mit ungemein ergreifender Ausdruckskraft.

William Saetre überzeugt mit kontrollierter Stimmkultur als Tancredi; Alfia Kamalova gibt der Ninfa beeindruckenden barocken Klang; Noriko Ogawa-Yatake verleiht der Ottavia schmerzliche Trauer; und Anke Sieloff lässt den Schmerz der Arianna dramatisch hörbar werden. Alexandra Lubchansky vollbringt eine stimmlich virtuose Demonstration der von Morton Feldman geforderten Auflösungen der Grenzen von Musik, Sprache und Gesang: eine enorm belastbare Stimme – mit Ausdruckskraft vor allem in den nicht-verbalen Passagen mit ihren exaltierten Höhen und der dazu gehörenden (eis-)gläsernen Reinheit!

In kleiner Besetzung gelingt den Mitgliedern der Neuen Philharmonie Westfalen ein authentischer Monteverdi-Klang; dem vollen Orchester ist es möglich „ganz lange ganz leise“ zu spielen, subtile Nuancen zu erarbeiten – und Johannes Klumpp ist der sensibel leitende Dirigent dieses so fragilen Werks.

Ein außerordentlich aufgeschlossenes Publikum findet sich in dem sakralen Raum ein – und ist mit Sicherheit aufgeschlossen für die bislang verborgenen Verbindungen zwischen „alter“ und „neuer“ Theater-Musik – abseits des Mainstreams der immer wieder präsenten Opern des 19. Jahrhunderts. Das MiR sollte dies latente Interesse fördern – und zum stilbildenden Element des eigenen Profils werden lassen!

Franz R. Stuke