Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DIDO AND AENEAS
(Henry Purcell)
MISS DONNITHORNE'S MAGGOT
(Peter Maxwell Davis)
13. Mai 2009
(Premiere: 9. Mai 2009)

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Zweimal verlassen

Der Opernabend läuft schon, bevor er auf der Bühne richtig beginnt: im Foyer haben Musiker Platz genommen, es erklingt eine Passacaglia von Henry Purcell, mit Zutaten von Peter Maxwell Davies. Ein bisschen schräg, zwei Tonarten auf einmal. Und da meldet sich eine Flöte, die wie ein Aliquot-Register in der Orgel funktioniert: sie spielt Obertöne, keinen Grundton. Aber der Duktus ist eindeutig barock.

Punkt 20 Uhr öffnen sich die Vorhänge, das Publikum strömt ins Kleine Haus (dort pulsiert fortan das Opernleben, weil das Große Haus wegen Umbaumaßnahmen geschlossen ist). Nun geht es erst einmal mit Purcell barock weiter. Später wird’s mit Davies modern. Natürlich gibt es etwas Verbindendes: zwei Frauen stehen im Fokus der Betrachtung, zwei Frauen, die ein Schicksal teilen: vom Angebeteten verlassen zu werden.

Purcells Dido und Aenaes und Peter Maxwell Davies’ One-Woman-Show Miss Donnithorne’s Maggot werden miteinander verschränkt. Das passt nicht nur thematisch, sondern wirkt auch im szenischen Puzzle bei aller musikalischen Gegensätzlichkeit wie ein harmonisches Ganzes.

Bernd Schindowski, Gelsenkirchens Ballettdirektor, inszeniert, dabei natürlich sehr bewegungszentriert und voll auf körperlichen Ausdruck setzend. Das bekommt Purcells Musik und auch deren allegorischem Gehalt ausgezeichnet – versprühen Chöre und Rezitative nicht nur gesungen, sondern auch quasi getanzt eine völlig neue Ausdrucksebene, wirken außerdem lebendig und versprühen ungeheuren barocken Charme. So gelingt es, die bis auf ein Sofa, das in Didos Thronsaal steht, weitestgehend leere Bühne mit pulsierender Vitalität zu füllen.

Das Werk von Davies lebt von der Protagonistin. Und hier leistet Noriko Ogawa-Yatake viel. Sie gibt die ewige, verlassene Braut mit sicherem Sopran ungeheuer suggestiv, leider aber weitgehend textunverständlich, obgleich sie deutsch singt. Hier hätte etwas weniger Sparsamkeit, will sagen: der Einsatz von Übertiteln die Wirkung deutlich steigern können, zumal die Übertitelanlage ohnehin für die Purcell-Übersetzung genutzt wird.

In Sachen Barockgesang ist es im Gelsenkirchener Ensemble nicht unbedingt durchweg gut bestellt. Zu überzeugen wissen da nur Piotr Prochera mit weichem, biegsamem und ausdrucksstarkem Bass und Alfia Kamalova als koloraturensichere Belinda. Anna Agathonos’ Mezzo ist zu schwer, wirkt im Kleinen Haus zu brachial für Purcells Dido. Die Stimmen der bösen Geister mischen sich gut: der schöne, wenn auch mit Intonationsproblemen kämpfende Mezzo Yael Izkovichs, der junge Tenor Daniel Wagner so wie die erfahrene Elise Kaufman und Charles E. J. Moulton.

Samuel Bächli dirigiert zwei Orchester: das eine seitlich rechts, zuständig für Davies, besetzt mit Flöte, Klarinette, Violine, Cello, Schlagzeug und Klavier. Das andere auf der linken Seite mit Streichern, Laute, Harfe und Cembalo versucht sich an Purcells Partitur und überrascht vor allem mit erheblichen Intonationsdefiziten der Streicher, die man von Profimusikern kaum erwartet hätte! Da muss nachgebessert werden.

Christoph Schulte im Walde

 








 
Fotos: Pedro Malinowski