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Fakten zur Aufführung 

BIS AUFS BLUT
(Hindemith/Milhaud/Martinu)
19. April 2009 (Premiere)

Musiktheater im Revier Gelsenkirchen


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Verworrene Beziehungen

Da sind drei geheimnisvolle Kurzopern; da treffen Liebe, Mordgelüste, Obskures aufeinander; da wird die Dramatik zur Groteske; da ertönt eine Musik, infiziert von Jazz, Volksmusik, Streicher- und Bläserpräferenzen und hörbar bemüht um nachvollziehbare musikalische Sprache mit Rhythmen, Harmonien und – eher marginalen – Melodien.

Dies alles bringen Michaela Dicu und Winnie Karnofka als bizarres Tohuwabohu verworrener Beziehungen auf die Bühne, werden den Intentionen der geistig verwandten Autoren von 1927 und 1969 adäquat gerecht – konfrontieren ein einigermaßen verunsichertes Publikum mit einer „Revue“ um die irrationalen Paradoxien der Manipulation. Da spielen sich skurrile Szenen ab – doch das führt nicht zur „Klarstellung“, verbleibt im immanenten Verweis auf die pseudo-philosophische Erkenntnis, dass das Leben in all seiner Unbegriffenheit eben so ist, wie es ist.

Beata Kornatowska baut eine funktionstüchtige Bühne mit einer zerklüfteten Konstruktion von offenen Zimmern, Treppen und begehbaren Dächern in hellem Holz (könnte alles vom Baumarkt stammen und subversiv arrangiert worden sein) – schafft konkrete Spielräume und assoziationsreiche Szenerien.

Hindemiths Hin und Zurück, Milhauds Der arme Matrose (beide 1927) und Martinus Die Tränen des Messers (1969) leben von der – zeitbedingten! - Frustration über die unfassbaren Verhältnisse, vermitteln diese Verstörungen durch eine leidenschaftlich-unprätenziöse Musik. Und die wird vom offensichtlich intensiv vorbereiteten MiR-Jugendorchester transparent präsentiert: Clemens Jüngling leitet umsichtig, akzentuiert die Instrumentengruppen, bestimmt Tempi und Dynamik sehr bewusst – und steht in ständigem intensiven Kontakt zum Bühnengeschehen.

Die Solisten des Musiktheaters im Revier übernehmen wechselnde Rollen, interpretieren die hintergründigen Partien mit viel Einfühlungsvermögen und beeindruckender stimmlicher Kompetenz: Engjellushe Duka als Hindemiths Helene und Martinus Eleonore; Hyun-Seung Oh als Hindemiths Doktor, Milhauds Freund und als Martinus Satan; William Saetre als der Weise Hindemiths und der Matrose Milhauds; Joachim G. Maass als Krankenträger Hindemiths und als Schwiegervater Milhauds; dazu Daniel Wagner, Diana Petrova und Birgit Brusselmans, und Alexander Poetsch - eine brillante Ensemble-Leistung!

Das Publikum versucht intensiv, den verworrenen Linien der divergierenden Handlungen zu folgen, einen Ariadnefaden zu finden - doch da fehlt als Hilfe der Übertitel. So entwickelt offenbar ein jeder im Auditorium seine eigene Geschichte – um dann im Zeitraffer-Finale mit dem „Aha-Erlebnis“ konfrontiert zu werden. Der achtzigminütige Abend gibt am Ende sein Geheimnis preis! (frs)