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Fakten zur Aufführung 

DIE BANDITEN
(Jacques Offenbach)
11. Juli 2004 (Premiere)

Musiktheater im Revier
(Gelsenkirchen)

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Selbstpersiflage

Mittendrin statt nur dabei - frei nach diesem Motto hat das Kleine Haus in Gelsenkirchen wieder einmal bewiesen, dass es sich hervorragend als Volkstheaterbühne eignet. Gerade Jacques Offenbachs opéra-bouffe in drei Akten, "die Banditen", schien zudem, wie Intendant Peter Theiler in seinem Vorwort treffsicher feststellt, für diese Art der Aufführung wie geschaffen.

Auf der als Catwalk konstruierten Bühne stolzierten die Charaktere wie Top-Models mitten hinein in das sie von allen Seiten umzingelnde Publikum. Auch der Chor hatte im Zuschauerraum Platz genommen und gab sich - "kostümiert" in normaler Abendgarderobe - erst im Verlauf der Aufführung als solcher zu erkennen. Getreu der Metapher der Modenschau bilden die Darsteller durchweg den einzigen Mittelpunkt des Stückes.

"Bühnenbilder" oder Requisiten wurden - sofern notwendig - fast ausschließlich von einem Sprecher mechanisch aus dem Off verlesen, oder, um die Abstraktion auf die Spitze zu treiben, von einer "Bühnenassistenz" (mit herrlich stoischer Langeweile interpretiert von Inger Rudolph) erst im Verlauf des Stückes herbei gebracht. Regisseur Immo Karaman unternimmt konsequent nicht einmal den Versuch, ernsthafte Charaktere oder eine realitätsnahe Widerspiegelung der Geschichte zu schaffen.

Durch diese Schwerpunktsetzung auf die ständige Selbstpersiflage des Stückes entführt Karaman das Publikum auf eine atemberaubend-rasante Gratwanderung zwischen Offenbachscher Komik und dem ständig lauernden Sturz ins Alberne. Ein Kunststück, das dank der hervorragenden schauspielerischen Leistung der Darsteller vollauf gelingt. Besonders Elise Kaufman als zwischen Wahnsinn und Melancholie schwankende Räubertochter Fiorella versteht es, ihre Rolle mit fast schon rührend komisch versuchter Ernsthaftigkeit auszufüllen.

So schien sich auch ein mitleidig-schmerzlicher Klang des Wiedererkennens in das nicht enden wollende Gelächter des Publikums zu mischen, das die eigene bemühte Selbstdarstellung zu reflektieren schien. Analog dazu vermischt die Räuberbande um Falsacappa (gesanglich wie schauspielerisch beeindruckend: Joachim G. Maaß) immer turbulenter Kostüm um Kostüm und Identität um Identität, ohne dabei letztlich auch nur eine Rolle wirklich anzunehmen. Am Ende bleibt ein wirrer Haufen aus Bettlerkutten, spanischen Röcken und zahlreichen weiteren textilen Requisiten - die Räuber, entblößt bis auf die Unterwäsche, verschwinden in der Anonymität des Publikums.

Neben unzähligen Gags und dem beschwingt und fröhlich aufspielenden Orchester unter der Leitung von Cosima Sophia Osthoff macht die unter all dem Gelächter dennoch konkret eingefangene Sozialkritik die Gelsenkirchener Inszenierung der "Banditen" zu einem durch und durch sehenswerten Theater-Erlebnis. Leichte Unsicherheiten im Gesang oder durch die Positionierung der Bühne bedingte Einschränkungen der Akustik konnten den Operettengenuss dabei nicht schmälern. (jan)


Karten unter (0209) 40 97 200




Fotos: © Majer-Finkes