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Fakten zur Aufführung 

WERTHER
(Jules Massenet)
11. April 2007

Theater Freiburg

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Stalkers Tod

Von Lebensutopie oder Ausgrenzung durch die bürgerliche Gesellschaft, gar von Seelenkämpfen tiefer Empfindsamkeit kann nicht die Rede sein: Kazuko Watanabe macht aus dem Werther eine boulevardeske Stalker-Geschichte, wie man sie in Blättern wie dem STERN findet: Vernünftig sein, cool bleiben, Hilfe anbieten – das alles hilft nicht gegen den rücksichtslosen Wahnsinnigen. Der tötet sich am Ende selbst, nicht ohne das Opfer – Charlotte – in Selbstzweifel zu treiben. Diesem kruden Regiekonzept ist aber auch alles untergeordnet:

Watanabes Bühnenbild wird von einem Podest und einem Spiel-Turm mit Rutsche bestimmt, die durch eine schwankende Brücke miteinander verbunden sind.

Das Philharmonische Orchester Freiburg intoniert unter Sebastien Rouland einer rauen sound, der sich mit seiner nervenden Aggressivität mehr an den Regie-Intentionen als der Massenetschen Partitur orientiert: keine Phasen reflektierender Besinnung, von musikalischer Eleganz ganz zu schweigen.

Die Sänger allerdings haben Chancen zu solistischen Glanzleistungen: Dong Won Kim gibt einen durch Zurückweisung entfesselten „Triebtäter“, beeindruckt mit einem flexibel-ausdrucksvollen Tenor. Anja Jung verleiht der ohnehin schon „ausgebeuteten“ Charlotte das Flair unerschütterlicher Mütterlichkeit, das aber im Furor des Stalker-Wahnsinns zerbricht – und Charlotte unbemitleidet als doppeltes Opfer zurücklässt. Diesen erbarmungslosen Umgang mit einer unschuldig Leidenden dankt Anja Jung mit einem zurückhaltend-lyrischen Grundton, der sich zu atemraubender Dramatik steigert – großartig! Bemerkenswert die stimmliche Präsenz von Lini Gong als Sophie; eher zurückhaltend der Albert Matthias Flohrs und der Amtmann von Neal Schwantes – kein Wunder, fällt der Regisseurin für sie ja wenig ein. Das übrige Freiburger Ensemble erledigt die anstehenden Aufgaben respektabel, allerdings ohne Chance nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Das Freiburger Theater lebt unter dem Damoklesschwert einer schwarz-grünen kleinkarierten städtischen Kulturpolitik; gegen geplante Etatkürzungen läuft eine engagiert geführte Unterschriftenaktion. Doch sitzen in Freiburg die Banausen nicht nur im Rathaus – auch ins ausverkaufte Große Haus scheinen sich einige verlaufen zu haben; da lümmelt sich ein Pärchen auf dem Seitenrang, als wenn es bei `ner Hocke wäre, und da feuern einige ihre ordinären Huster in die seltenen Momente entspannender Stille. Ansonsten: Viel Anteilnahme und dankbarer Applaus. (frs)