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Fakten zur Aufführung 

TRISTAN UND ISOLDE
(Richard Wagner)
1. Juni 2003

Oper Frankfurt

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Einsamkeiten

Johan Treleaven ist ein Tristan-Heldentenor von phänomenaler Standfestigkeit, mit ungebrochener Durchsetzungskraft, aber auch mit differenzierten Zwischentönen als selbstzerstörerisch vereinsamter Egomane. Eine kaum für möglich gehaltene Steigerung seines Tristan in Amsterdam! Die stimmlich bisweilen in der Artikulation überangestrengt wirkende Frances Gincer hat es schwer in ihrer aussichtslosen Abwehr männlicher Dominanzen; ihr Liebestod gewinnt zwar tragische Statur, verebbt aber trotz aller Geschmeidigkeit bisweilen in Tonlosigkeit. Gregory Frank ist ein aufrechnender Marke von kraftvoll-resignativer Statur, seine Stimme tönt in vollem Legato und setzt sich mit fulminantem Material im brausenden Orchester durch. Gerd Grochowski ist der unbedingt "treue" Kurwenal, verleiht der Rolle seinen prächtig-gehaltvollen Bariton. Die Grangäne Louise Winters ist das Pendant Kurwenals, ihre Rufe gelingen zurückhaltend - intensiv; eine Leistung weitab aller Exaltiertheit! Das Frankfurter Ensemble lässt auch in den "kleinen" Rollen keine Erwartungen unerfüllt.

Christof Nel inszeniert ein bürgerliches Intrigenspiel, focussiert die Rollen auf existentielle Paradigmen, sucht nach archaischen Wurzeln existenzbedrohender Vereinsamung. Diese fast unerträglich lastende Einsamkeit der Personen, ihr kommunikativ selbstbezogener Rechtfertigungszwang, die tragische Isolation Isoldes geben ein völlig neues "Tristan"-Bild: keine Verzückungs-Orgien, dafür Einblicke in die Allgegenwart der Isolierung.

Jens Kilian baut dazu archetypische Räume: das isolierte Schiffsambiente, den klassizistischen Marke-Salon mit gleißend-hyperrealem Licht, Karel als untergegangenes Zentrum der Macht.

Das Frankfurter Museumsorchester präsentiert sich in absoluter Hochform: Paolo Carignani dirigiert mit Rücksicht auf die Sänger, weiß was er ihnen zumuten kann, lässt Distanzen hörbar werden und akzentuiert Klänge, die sonst marginal untergehen (wie die Hörner im zweiten Akt).

Das Frankfurter Publikum ist mehrheitlich enthusiasmiert - doch hat eine provinziell-überhebliche Minderheit noch nicht begriffen, dass in Frankfurt eine Opern-Epoche beginnt: kleinkarierte beckmesserische Kommentare sind an den Sektständen unüberhörbar. Es wird eine Zeit dauern, bis ein Provinz-Publikum exorbitante Leistungen adäquat freiern kann und Connaisseurs das Milieu bestimmen werden! (frs)