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Fakten zur Aufführung 

TIEFLAND
(Eugen d'Albert)
10. Dezember 2006 (Premiere)

Oper Frankfurt

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Verismo - Spätromantik - Postmoderne

Alte dramatische Geschichten zu erzählen, kann nostalgische Erinnerungen nach oben spülen. Wenn diese Geschichten allerdings zum literarischen, historischen, musikalischen, inszenatorischen Selbstzweck werden, fragt man sich nach der „Bedeutung“ des Unterfangens. So geht es d’Alberts Tiefland, diesem bemühten Bankert von italienischem Verismo und deutscher Spätromantik (1906 uraufgeführt), wenn nur postmodern-akzentuierte Kostüme seine zeitgebundene Erzählweise „aktualisieren“ .

In Frankfurt ist eine Inszenierung Anselm Webers zu erleben, die offenbar der Botschaft des tümelnden Werks vertraut und die Moral der Ganghofer-Romane und die Klischees der unsäglichen Heimatfilme reproduziert. Ein gültig-abstrahierender Umgang mit dem Drama um den Naturburschen Pedro und die vom Großgrundbesitzer Sebastiano missbrauchte Marta ist nicht zu konstatieren. Die Abläufe folgen devot der Vorlage, und das Bühnenhandeln ist eine nervende Abfolge bloß einstudierter Gänge.

Auch Hermann Feuchters Dekorationen setzen auf unbegriffene Klischees, ohne den Berggipfel-Prospekt, die industrialisierte Mühle oder das postmoderne Dorf zum Mittel reflektierbarer Emotionen aufzuwerten (Kostüme : Bettina Walter).

Das überzeugend spielfreudige Ensemble gibt eine Vorstellung davon, welch auch heute noch nachvollziehbare Emotionaliät in dem eigentümlichen Werk steckt: die soziale und sexuelle Hörigkeit der Marta wird von Michaela Schuster intensiv vermittelt. John Treleaven ist ein naiv-unkundiger Naturbursche und Lucio Gallo gibt einen skrupellosen lokalen Potentaten. Ihr Gesang arbeitet sich an den stilistischen Unsauberkeiten d’Alberts ab, lässt aber in demonstrativen Solo-Nummern stimmliche Glanzlichter aufblitzen. Aus dem engagierten Frankfurter Ensemble besonders hervorzuheben: Juanita Lascarro als unschuldig-fragende Nuri.

Sebastian Weigle kann sich mit dem technisch perfekten Frankfurter Museumsorchester nicht für eine konsequente Spielart entscheiden: es will kein Duktus entstehen, der die ambivalente Atmosphäre klanglich nachvollziehbar umsetzt.

Eine kompetente dramaturgische Bearbeitung von Libretto und Partitur hätte dem musealen Opus sicherlich gut getan. So verlässt das gnädig gestimmte Frankfurter Publikum einigermaßen ratlos den Ort der „erschröcklichen Thaten“. (frs)


Fotos: © Barbara Aumüller