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Fakten zur Aufführung 

DIE FRAU OHNE SCHATTEN
(Richard Strauss)
18. Oktober 2009 (WA)

Oper Frankfurt


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Schutzlos

Geradezu brutale Betonwände eines monströsen Kubus’ mit einer offenen Seite, wenige Fenster, Türen – das alles auf der gespenstischen Drehbühne; davor sparsame Requisiten, Stühle, Tische: Jens Kilian baut eine ästhimierende Bühne für ein metaphysisches Spiel zwischen den Welten.

Christof Nel setzt sich fokussierend mit dem hermetisch-rätselhaften Hofmannstal-Text auseinander, reduziert die Geschichte auf die Positionierung der so divergenten Personen zwischen Geisterwelt, Tierwelt und Menschenwelt, schürft an den Bedeutungs-Schichten, deutet im Sinne des zugrunde liegenden orientalischen Märchens, vermittelt zwischen den Metaphern für physischen Schatten und Kinderlosigkeit, macht daran fest die Funktionen von Wünschen und Verantwortung im Zustand der Schutzlosigkeit vor unbegriffenen Mächte. Nel gelingt mit behutsam-deutendem Bühnenhandeln ein geheimnisvoller Einblick in abstrakte Realität und konkrete Psyche von Wesen unter Druck.

Sebastian Weigle dirigiert das Frankfurter Opern- und Museumsorchester mit Verve, akzentuiert die schier unbegreifliche musikalische Vielfalt der Strauss-Komposition, lässt den Bläsern Raum zu dröhnenden Passagen, animiert die Streicher zu schmeichelnden Piani, nutzt wechselnde Tempi und rasante Dynamik zu fulminantem Orchesterklang, korrespondiert eindrucksvoll mit der Bühnenmusik, hat die Bühne permanent im Blick, leitet die Solisten ungemein sensibel - und interpretiert in Übereinstimmung mit dem tief schürfenden Inszenierungs-Konzept.

Das Frankfurter Sänger-Ensemble leistet Großartiges – darstellerisch und sängerisch: Silvana Dussmann als intensiv-interpretierende Kaiserin; Tanja Ariane Baumgartner als engagierte Amme; Michael König als stimmkräftiger Kaiser; Terje Stensvold als sonorer Barack; Caroline Whisnant als stimmstarke Färbersfrau – und dann die voll konzentriert souverän auftretenden und hoch kompetent singenden Johannes Martin Kränzle als Geisterbote; Armin Kolarczyk, Dietrich Volle und Hans-Jürgen Lazar als Barak-Brüder; Peter Marsh als Jüngling; Christiane Karg als Falke, Katharina Magiera als Stimme von oben - und balsamisch Armin Kolarczyk, Dietrich Volle und Johannes Martin Kränzle als Wächter der Stadt mit choralartigem Trio!

Nach der Premiere am 2. Februar 2003 gab es hinreißende Zustimmung; zur Wiederaufnahme dieser exzeptionellen Frankfurter Aufführung versammelt sich ein kritisch-engagiertes Publikum in der Oper - und feiert das außergewöhnlich dichte Geschehen, die eruptive Musik und den exzellenten Gesang mit geradezu frenetischem Applaus! Sicherlich provoziert der die Oper umstehende Wald von Banken-Hochhäusern mit den ihnen innewohnenden Apparaten praktizierter anonymer Macht die Analogie zum Alles-Beherrscher Keikobad die unsterbliche menschliche Sehnsucht nach Gerechtigkeit, nach Menschlichkeit, nach Schutz, nach „glücklicher Apotheose“!

Im November gibt es drei Aufführungen dieser geheimnisvollen Oper im Rahmen der ambitionierten Frankfurter ‚Oper für Kinder’.

Franz R. Stuke

 










 
Fotos: Wolfgang Runkel