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Fakten zur Aufführung 

DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL
(Wolfgang Amadeus Mozart)
6. Januar 2008

Oper Frankfurt


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Beziehungs-Zweifel

Mit zwei Pausen sind es knapp vier Stunden – geschuldet dem Ehrgeiz, die existierenden Sprechtexte in voller Länge zu spielen, in der Musik keine Striche zuzulassen, und bedeutungsschwangere stumme Szenen zu zelebrieren. Das wirkt auf Dauer – bei aller Kunst der Sänger-Darsteller – wie die Aneinanderreihung retardierender Momente, decouvriert die begrenzte poetische Qualität der Stephanie-Texte und lässt die logischen Unstimmigkeiten der Handlung erkennen.

Christof Loys intensives Bemühen um differenzierte Charakterstudien gelingt dennoch, vermittelt Mit-Leiden, Mit-Hoffen und Nachdenklichkeit – begründet durch eine permanent spürbare Liebe zu den zweifelnd Handelnden, durch eine behutsame Personenführung.

Herbert Murauers Bühne – vor der Vorbühne ein imaginierender transparenter Wolkenvorhang, im Hintergrund eine Lamellenwand mit partiell sich öffnenden Ausblicken, auf der Spielfläche ein Tisch, fünf Stühle – schafft den adäquaten Raum für erfahrene Nähe und Distanz, von Liebe und Zweifel.

Sylvia Hamvasi ist die elegante, stolze, liebende, existenziell zweifelnde Konstanze, intoniert sehr klar, verleiht ihren Gefühlen kontrollierten elegischen „Wohlklang“, kann aber beim stimmlichen Pathos in den Höhen leichte Schärfen nicht vermeiden. Claire Ormshaw ist eine vielschichtige Blonde, drückt ihre emotionale Unsicherheit mit einer frischen Stimme aus, die sowohl mit den aggressiven Tönen als auch mit den nachdenklichen Passagen glänzend fertig wird. Daniel Behles Belmonte lässt die Töne auf dem Atem schweben, gibt Selbstbewusstsein und Opferbereitschaft überzeugenden Klang. Peter Marsh kostet die vielfältigen gesanglichen Möglichkeiten des Pedrillo genussvoll aus, zeichnet mit stimmlicher Varianz einen Charakter weitab aller gängigen Konvention. Aufführungsbestimmend Gregory Frank: eine „Rampensau“ par excellence, als Osmin rabiat-prinzipientreu, aber auch voller Verlangen nach Lust und Liebe – stimmlich mit ungeheurem Volumen voller Variationsmöglichkeiten, großartig in den aggressiven Ausbrüchen, aber auch mit raumfüllend weicher Intensität - eine „Paraderolle“ ganz im Dienst des Ensembles.

Christoph Quest gibt den Renegaten Bassa Selim als geilen Lustgreis und hemmungslosen Wüterich – sein verachtender Rache-Verzicht ist der Schlussakkord eines misanthropen Zynikers.

Unter dem jungen Erik Nielsen bleibt das Frankfurter Museumsorchester unter seinen Möglichkeiten. Es fehlt an klanglicher Emotionalität, das Zusammenspiel wirkt additiv – allein die Sängerbegleitung gelingt tadellos. Im Kontakt zum ebenfalls unkonzentriert wirkenden Chor kommt es beim Schlussauftritt zu einigen Unstimmigkeiten.

In der vollbesetzten Frankfurter Oper versammelt sich ein bunt gemischtes Publikum, lässt sich von Musik und Gesang gefangen nehmen, reagiert vor allem bei den Türkei-Anspielungen spontan heiter und verlässt das Haus in guter Stimmung. (frs)

 




Fotos: Wolfgang Runkel