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Fakten zur Aufführung 

DIDO UND AENEAS
(Henry Purcell)
HERZOG BLAUBARTS BURG
(Béla Bartók)
5. Dezember 2010 (Premiere)

Oper Frankfurt


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Die Liebe und ihr Scheitern

Langsam lüftet sich der eiserne Vorhang, sichtbar wird die Helle einer die Bühne beherrschenden Scheibe in mattem Weiß. Nichts sonst als Tableau für Judith und Blaubart in der Oper Frankfurt. Auf sich allein gestellt sind die beiden Figuren, nichts gibt Halt, also versuchen sie umso mehr, sich gegenseitig festzuhalten. Bedrückend und berührend, wie Regisseur Barrie Kosky, designierter Intendant der Komischen Oper Berlin, die Beiden um Liebe ringen lässt. Denn Herzog Blaubart mag dunkle Geheimnisse in seiner Seele hüten, doch möchte er aus seinem inneren Gefängnis ausbrechen, so etwa die Botschaft dieser Inszenierung.

Zwar geht es – wie immer in der Oper – auch hier bei Béla Bartók in Herzog Blaubarts Burg um die Liebe und um deren Problematik, doch selten erlebt der Gast eine so intensive Deutung jener Rätselhaftigkeit zwischen Mann und Frau, die Glück mit Beschwernis koppelt, Verstehen und Abwehr einschließt, Zuwendung und Erstarren beinhaltet. Die sieben Türen, die Grauen bergen und dennoch magisch die Neugierde der Frau anziehen, sie öffnen sich im Mienenspiel. Angst und Hoffnung: Beide möchten zueinander finden, auch Blaubart wird aus dem Klischee befreit. Er schaudert an sich selbst, will sich öffnen, gleichwohl den Rest seiner schmerzlichen Identität bewahren.

Der Bassbariton Robert Hayward als Blaubart und die Mezzosopranistin Claudia Mahnke erscheinen für diese quälerisch-selbstquälerische Regie-Sicht die ideale Besetzung, sowohl in der Darstellung als auch gesanglich. Am Pult des Frankfurter Museums- und Opernorchesters gewann Constantinos Carydis, ein international gefragter Aufsteiger, der Musik expressives Leuchten ab, das den textlichen Symbolismus mit packenden musikalischen Bildern konkretisiert.

Vor Bartók widmete sich der Abend Henry Purcell mit dessen Dido und Aeneas, was die Frage nach der stimmigen Begründung aufwerfen mag, warum diese beiden Opern, zwischen denen immerhin ziemlich genau 222 Jahre Musikgeschichte liegen, zusammengehören sollten. Der einfachste Nenner: Beziehungen und deren Scheitern. Bemerkenswert, wie flexibel das Orchester den Spagat meistert, wenn es, klein besetzt, in historisch angelehnter Spielweise Henry Purcells Musik erweckt. Mit vielen feinen Affekten versehen, dabei auch in den Seufzern eine ironische Leichtigkeit vermittelnd und voller Agilität in den tänzerischen Chorszenen.

Wie Hühner auf der Stange sitzen Dido, Königin zu Karthago, und ihr fröhlich kostümierter Hofstaat auf einer quer zur Bühne gestellten Bank. Die Hofdamen (Britta Stallmeister und Anna Ryberg) umgirren ihre Herrin; die ergibt sich schmerzlich ihrer Liebe zum angeschwemmten Fremdling Aeneas, sie seufzt und jauchzt, denn ihr Herz ist fern der Staatsgeschäfte. Paula Murrihy singt schön und klar, hell und licht, kaum Vibrato. Aeneas wird von Sebastian Geyer mit baritonaler Wärme dargestellt, dabei allerdings auch ein wenig unentschlossen wirkend. Dazwischen lassen Purcell und die Inszenierung drei (gute, aber nicht exzellente) Counter-Hexen ihre Späße treiben, und nach altem theatralischem Brauch darf auch der kommentierende Chor (sehr gut einstudiert von Matthias Köhler) allerlei Bewegungsfreude demonstrieren.

Die klare, reduzierte Bühnenoptik durch die Ausstatterin Katrin Lea Tag ist einer von mehreren Vorzügen dieser sehens- und hörenswerten Produktion. Der Premierenbeifall war denn auch intensiv und angemessen.

Eckhard Britsch

 











 
Foto: Monika Rittershaus