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AMERIKA 20er JAHRE
"Filmtechnik", "Maschinenmusik": das
macht Antheils (Jazz-)Oper von 1930 heute noch hörenswert, und die Persiflage
auf Sex and Crime im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf - einfach
zeitlos! So inszeniert Christian Marten-Molnár im Stil der "neuen Sachlichkeit"
der 20er Jahre mit zahlreichen Verweisen auf den schwarz-weißen Stummfilm
der Zeit, typensicher karikierend und mit enormem Tempo - bis ihm im 10.
und 11. Bild die Ideen ausgehen, das Spiel auf der Stelle tritt und die
Spannung abfällt; etwas Hollywood-Glamour für den "Schutzengel" und ein
paar energische Striche hätten dem Spiel gut getan!
Nikolaus Porz baut eine multifunktionale Architektur auf die Drehbühne,
mal Schiffsburg und Konferenzraum, mal Straßenszene; Türen und Versenkungen
geben Gelegenheiten zum überraschenden effektvollen Auf- und Abtauchen
- zugleich eine prima Metapher für "Abgründe" und "Hintergründe" amerikanischer
Politik! Schade, dass mit dem Licht so sparsam umgegangen wird wie bei
unserer Oma mit der Stubenlampe!
In diesem kommunikativen Spielraum agiert und singt ein exzellentes Ensemble:
Gavin Taylor und Renatus Meszar verkörpern stimmkräftig den Präsidentschaftskandidaten
Hector und den machtlüsternen Ölmagnaten Ajax; Diver Higuita ist ein quirliger
Wahlkampfmanager, Antje Bitterlich seine nach Höherem strebende Freundin.
Die geliebte Schlüsselfigur Helena gibt Cornelia Pfassek, eine Glanzrolle
für ihren schmiegsamen variablen und kraftvollen Sopran!
Das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester (Alexander Schwinck) kommt
mit der rhythmus-fixierten Musik Antheils prima zurecht, der Sound aus
Jazzanleihen und Anklängen an die Spätromantik klingt authentisch: es
swingt, und die Synkopen funktionieren.
Das renovierte Flensburger Haus ist nur noch vom harten Kern der Opernfans
im hohen Norden bevölkert: offensichtlich endet die Liebe zum Theater
bei der "Leiche im Sack". Im - kostenlosen - Programmheft gibt es ausreichend
Informationen zu Werkgeschichte, Komponisten und historische Zusammenhänge.
Nichtsdestoweniger: Die Fahrt nach Schleswig-Holtein ist ein Muss für
Opernfreaks. (frs)
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