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Fakten zur Aufführung 

DIE ZAUBERFLÖTE
(Wolfgang Amadeus Mozart)
2. Januar 2010
(Premiere: 25. Oktober 2003)

Aalto-Theater Essen


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Für Jung und Alt im ganzen Land

Im Oktober 2003 löste die Neuinszenierung von Ezio Toffulutti eine Aufführungsserie der Zauberflöte am Aalto-Theater ab, die heute noch vielen im Gedächtnis geblieben ist. Fast auf dem Tag genau vor dreizehn Jahren hatte 1990 die Inszenierung von Jaroslaw Chundela Premiere, dem das seltene Kunststück gelungen war, Märchenhaftes und Aktuelles, Symbolik und Psychologie zu verbinden, ohne dabei der Zauberflöte ihre Natürlichkeit zu nehmen.

Als Toffulutti seine Sicht vorstellte, trat er ein schweres Erbe an. Tatsächlich kann die Inszenierung den universalen Blickwinkel von Chundela nicht einnehmen. Aber diesen Anspruch hat Toffulutti auch nicht. Statt dessen packt er die Oper da, wo man sie leicht kriegen kann: An ihrer surrealen Seite. So beginnt die Oper, wo Tamino in seinem Schwarz-Weiß-Kinderzimmer aus einem Traum aufwacht, oder ihn gerade beginnt. Zu den letzten Tönen der Oper begegnet uns dieses Bild wieder. Dazwischen findet die eigentliche Handlung sehr geradlinig (Szene-Leitung der Wiederaufnahme: Frédéric Buhr) auf einer schön beweglichen Bühne (Patricia Toffulutti) statt.

Über zwei Akte also bleibt dem Zuschauer die Möglichkeit, einen (Alb-)Traum oder eine Entwicklung des jungen Menschen gesehen zu haben. Toffulutti nimmt das Libretto von Schikaneder sehr ernst und lässt daher den kompletten Text der Dialoge auch sprechen. Das gibt der Aufführung einige Längen (wenn auch keine Langeweile), aber den märchenhaften Charakteren viele Tiefen. Und es ist überraschend, wie stark Schikaneders Text die Menschen noch zum Lachen bringt oder berührt. Papagenos genervtes „Ich bleibe ledig“ ist schon so alt und regt trotzdem immer wieder zum Lachen an.

Großartige psychologische Details und Bilder bleiben dem Zuschauer bei dieser Inszenierung erspart, so dass man nicht jede Szene hinterfragen muss, wie es oftmals in Interpretationen der letzten fünf Jahren der Fall war. Taminos Traum lässt dagegen Platz für kindliche Bilder wie den Vogelfänger Papageno (sehr gut und frei von plattem Klamauk, dafür mit berührender Komik: Heiko Trinsinger), der dem Kleiderschrank entsteigt. Dessen Tür wird an diesem Abend zum Running Gag, da sich die Tür im ersten Akt permanent nicht schließen lassen will.

Das auch mit vielen Kindern durchsetzte Familienpublikum ist recht still, lacht immer wieder, manchmal recht laut, hört aber überraschend aufmerksam zu und lässt sich von Geschichte und Musik mitreißen. Auch wenn die Drei Damen in ihren knappen Kleidern recht gern an Tamino herumfummeln, ist die Produktion wirklich für Familien geeignet. Die Zauberflöte bleibt in Essen eine Oper für Einsteiger jeden Alters, für Fortgeschrittene und für allem für Musikliebhaber: Noam Zur vermeidet alle Extreme, sondern lässt das schlank besetzte, hochgefahrene Orchester fließend aufspielen. Nicht immer passen die Achtel dieser rhythmisch so prägnanten Musik zusammen, aber ansonsten werden die Essener Philharmoniker ihrem guten Ruf und Mozart gerecht. Heiko Trinsingers großartiger, stimmlich sehr dunkler Papageno wurde schon erwähnt. Ebenfalls erstklassig die Pamina von Katherina Müller, die sich bei den „Männern, die Liebe fühlen“ noch warm singt, im Finale bei „Herr, ich bin zwar Verbrecherin“ mit ihrer ganzen Sopran-Pracht aufblüht und bei „Ach, ich fühl’s“ zu Tränen rühren kann.

Beim Rest der Besetzung gibt es nur kleine Abstriche zu machen, sieht man mal von den sehr unharmonischen Drei Damen (Francisca Devos, Marie-Helen Joël und Marion Thienel) ab. Marcel Rosca ist immer noch ein guter Sarastro, Günter Kiefer ein ausdrucksstarker Sprecher und Albrecht Kludszuweit ein wirklich singender Monostatos und endlich mal keine Witzfigur. Bei Uran Urtnasan Cozzoli stört nur das schnelle Vibrato in der Mittellage ihre sonst guten Königin der Nacht. Andreas Hermann fehlte etwas mehr spezifischer Glanz in der Höhe, um mit seiner Stimme die gleiche Intensität zu erreichen wie mit seiner Darstellung.

Mit dieser gewiss nicht besonderen, aber dennoch liebevollen Produktion kann man Mozarts Oper in Essen einfach nur gern haben.

Christoph Broermann

 







 
Fotos: Gert Weigelt