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Fakten zur Aufführung 

SALOME
(Richard Strauss)
6. Februar 2004

Aalto-Theater Essen

Points of Honor                      

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Gesang

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Obsessionitis

Stefan Soltesz präsentiert mit den hochmotivierten Essener Philharmonikern einen exzellent-differenzierten Strauss-Klang: weitab von gängigen Klischees betont die Musik die emotionalen Befindlichkeiten der Personen und lässt sich auf die Emotionen der Hörer ein.

Mit Francesca Patane ist eine äußerst attraktive Salome zu sehen, ihre Stimme besticht durch riesiges Volumen, artikuliert elementare Gefühlsdimensionen, irritiert durch ihre dramatische Verismo-Attitüde und sichert so permanente Spannung abseits der konventionellen Vorstellungen. Almas Svilpa ist der stimmlich tief gegründete Jochanaan; Jeff Dowd phrasiert den geopferten Narraboth mit leidendem Klang, Chris Merritts Herodes bleibt eigentümlich indifferent, so als ob er tatsächlich ein gutwilliger arbitor elegantiarium wäre, so lässt auch Ildiko Szönyi die hysterischen Töne der Herodias vermissen. Das gesamte Ensemble betont seine Distanz zu den konventionellen Ausbrüchen der Strauss-Partitur, bleibt entsprechend blass.

Das Drama spielt in einer mediterranen Bunker-Architektur, die sich zur großen Szene öffnet: Alfred Peter schafft dramatisch-kommunikative Räume, in denen Uniformierte und Society-Masken in geschmacklerischen Kostümen von Biritta Lohrer-Horres agieren.

Das Problem ist die Obsessionitis des Regisseurs: Tilman Knabe (bekannt als Vandalist im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier) lässt Jochanaan Salome vergewaltigen, insinniert eine Massenvergewaltigung der Juden am weiblichen Pagen, die wiederum durch die Soldaten des Herodias umgebracht werden und als Schlachtopfer auf der Bühne erscheinen, ein schwarzer Henker wirft die Salome nach Begießen mit Jochanaans Blut zurück - nachdem dieses alles abgelaufen ist, ist das Abstechen der Herodias durch den Herodes am Ende nicht mehr als atemraubend erlebbar. Offenbar häuft hier ein Regisseur imaginierte Obsessionen en masse auf und vergisst den dramatischen Zusammenhang von Musik und Handlung.

Das Essener Publikum ist gar nicht provoziert - man kennt ja Dschungel-TV und ist durch ein Kaleidoskop brutaler Szenen nicht aus der Ruhe zu bringen. Die Regie ist gescheitert. (frs)






Fotos: © Matthias Jung