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Fakten zur Aufführung 

I PURITANI
(Vincenzo Bellini)
9. November 2002 (Premiere)

Aalto-Theater Essen

Points of Honor                      

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PARODIE

Elena Mosuc ist Elena Mosuc - und der permanente Vergleich mit der Gruberova nervt. Als Elvira zeigt sie ihr begnadetes Spieltalent und die faszinierenden Möglichkeiten ihrer wandlungsfähigen, koloratursicheren, höhenklaren Stimme; "rendetemi la speme" gerät zu einer virtuosen Glanzleistung! Mit Mario Zeffiri präsentiert sich einer der selten gewordenen Kavaliers-Tenöre im Stil von Alfredo Krauss - klangschön, ausdrucksvoll, melodisch im Belcanto-Stil. Hinreißend in Klangfülle und Phrasierung die Essener Ensemblemitglieder Karoly Szilagyi, Marcel Rosca und der fulminant agierende Karl-Heinz Lehner.

Stefan Herheim, der junge norwegische Regisseur, verlegt das englische Familiendrama in die französische bourgeoise Gesellschaft von 1835: man spielt, übersatt an Reizen, ein Übermaß an Gefühlen. Folgerichtig haben Spiegel eine reflektierende Funktion, und die Beleuchtung des Zuschauerraums macht klar, wer gemeint ist: der saturierte Teil unserer Gesellschaft, repräsentiert auch durch die Erfolgsmenschen im Aalto.

Stefan Soltesz gelingt es beeindruckend, Bellinis häufig als vulgär abgewerteter Musik mit den Essener Philharmonikern einen silbrig-verschleierten Reiz abzugewinnen, dabei unterstreicht er die sängerischen Virtuositäten mit sehr viel Sensibilität.

Der portalumstandene arenahafte Bühnenraum mit zahlreichen assoziationsreichen Accessoires (die Miniatur mit Puppen der Figuren) von Dieter Richter und die zeitgenössische Kostümwelt von Renate Schmitzer bieten das imaginationsreiche Ambiente für eine rauschhafte Parodie auf die Stilisierung unechter Gefühle.

Auf das repräsentationsversessene Essener Premierenpublikum passt die Parodie wie analytisch fixiert. Dass es zu Buhs beim Regieteam kommt, mag damit zusammenhängen, dass sich der eine oder die andere in ihrer falschen Existenz ertappt sieht, mag aber auch damit zu tun haben, dass eine unreflektierte Auslebung süßer Emotionen versagt bleibt. (frs)


Foto: © Matthias Jung