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Fakten zur Aufführung 

ORLANDO
(Georg Friedrich Händel)
15. Oktober 2005 (Premiere)

Aalto-Theater Essen

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Musik

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Regie

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Orlando – hermaphrodit

Es ist in Essens Aalto-Oper ein super-exzellentes Sängerensemble, das Orlandos Drama zwischen Macht und Liebe, elementaren Emotionen wie Angst und Hoffnung, Freude und Schmerz, Vertrauen und Enttäuschung hoch virtuos vermittelt: Ann Hallenberg singt mit stupendem Alt die Händel-Vorgaben des Orlando mit wahrlich bewegender Intensität. Christina Clark gibt eine exotische Dorinda mit perfekt-sinnlichen Koloraturen, Läufen und hoch artifiziellen Verzierungen Bea Robeins Medoro lässt intensive Klangvariationen hören, Diogenes Randes beeindruckt mit voluminös-beweglichem Bariton und Anke Herrmann ist eine stimmlich-variantenreiche Angelica. Die „kleineren“ Rollen: allesamt ein außerordentliches Hör-Erlebnis.

Alessandro De Marchi hat die Händel-Partitur intensiv in relevanten Details bearbeitet: unter seiner bravourösen Leitung präsentieren die Essener Philharmoniker plus zwei Continuo-Spieler einen erfrischend-emotionalen barocken Klang, der barocke Fülle aktuell ziseliert. Tomo Keller glänzt mit einem zu Herzen gehenden Violin-Solo (aus Vivaldis „Orlando“).

Dies alles spielt in typengerechten Alltagskostümen von Gabriele Rupprecht, plakativ ausgenommen von Orlando als hermaphroditische Gestalt. Die Bühne Alfred Peters zeigt ein karikiertes Vorstandsbüro, dahinter als Szenario für die Traumlandschaft einen „realen“ Urwald im blendenden Grün.

Die Sänger werden zu quälenden Gesten gezwungen, singen große Arien gegen die Blenden des Bühnenportals, werden vom Publikum weit entfernt. Virginia Woolfs Version vom Hermaphroditen Orlando findet szenisch Verwendung, bleibt unproblematisiert. Die Szene: ein paar exaltierte Miezen haben Konflikte mit ebenso machohaften Kerlen, irgendwie spielt „Globalisierung“ eine Rolle – alles nach dem Motto „Wollen mal sehen, was die Leute provoziert.“ Kurz: Für Tilman Knabes Regie gibt’s nur einen Begriff: blamabel.

Das Essener Premierenpublikum sieht’s ähnlich. Gesang und Musik werden fast drei Stunden lang mitgehend goutiert, beim Schlussapplaus gellende Buhs für das Produktionsteam, leider traut sich der Regie-Chaot nicht allein an die Rampe. (frs)


Fotos: © Bettina Stöß