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Fakten zur Aufführung 

DAS FEUERWERK
(Paul Burkhard)
3. November 2007 (Premiere)

Aalto-Theater Essen


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Von einer Zirkusprinzessin - und lästigen Verwandten

„O mein Papa war eine wunderbare Clown, o mein Papa war eine große Kinstler“ – ein Lied, das garantiert jeder schon einmal gehört hat. Aber vermutlich ohne zu wissen, woher es kommt. Die Premierenbesucher des Essener Aalto-Theaters sind seit dem vergangenen Wochenende schlauer, kennen nämlich „Das Feuerwerk“ von Paul Burkhard – und damit den unbekannten Schöpfer der weltbekannten Melodie.

„Das Feuerwerk“ – das meint in diesem Fall nicht nur den pyrotechnischen Geburtstagsgruß an Onkel Albert, der seinen Sechzigsten feiert. Ein Feuerwerk nämlich entfachen auch James de Groot und Paul Kribbe auf Essens Opernbühne. Die beiden zeichnen für Regie und Choreografie verantwortlich. Herausgekommen ist ein rundherum stimmiger, vergnüglicher, oft witziger und immer kurzweiliger Abend. „Musikalische Komödie in drei Akten“ nannte Paul Burkhard sein „Feuerwerk“ – faktisch ist es eine interessante Mischung aus Operette und Musical: Wunderschöne Melodien (bei weitem nicht nur „O mein Papa“), tolle Ensembles, eine Menge Action und viel fürs Auge!

Dabei ist die eigentliche Geschichte ziemlich simpel: Zur Feier von Onkel Alberts Geburtstag trudelt die Verwandtschaft ein. Das ist erfahrungsgemäß immer mehr eine Art Drohung denn das Versprechen eines netten Beisammenseins, wie Tante Berta meint – aber die ist sowieso dumm wie Stroh!

Onkel Alberts Tochter Anna, in die sich der Gärtner Robert längst verguckt hat, verfällt ziemlich rasch anderen schönen Augen. Die gehören Alexander, dem Schwarzen Schaf der buckligen Verwandtschaft, der völlig überraschend beim Geburtstag aufkreuzt. Und wie es sich für Schwarze Schafe gehört, ist er so ganz anders, so alternativ, nicht so verstaubt wie das Interieur von Annas Elternhaus. Mehr noch: Alexander ist Zirkusdirektor! Eine völlig andere, neue Welt für Anna. Liebe auf den ersten Blick. Ab sofort hat sie nur noch ein Ziel: weg von zuhause, hinein in die große weite Zirkuswelt.

Natürlich ist das Illusion – und so wird’s in Essen auch inszeniert: als bunter, bilderreicher Traum. Manfred Grubers betuliches Esszimmer der gutbürgerlichen Familie verwandelt sich sekundenschnell in eine Zirkusarena. Mit echten Artisten. Das Premierenpublikum traut seinen Augen nicht – und schaltet blitzschnell um, spendiert den Akrobaten der Zirkusfamilie Casselly für jedes ihrer gelungenen Kunststücke Sonderapplaus. Iduna, der angehimmelte Star des Zirkus, kommt auf ihrem (echten) Schimmel dahergeritten. Direktor Alexander bändigt die „wilden“ Tiere (die kurz vor ihrer tierischen Verwandlung noch Annes bissige, dumme, blasierte Tanten waren!). Und die drei Onkel? Die finden zunehmend Spaß an ihrem neuen Dasein als Clowns! Herrliche Szenen spielen sich da ab.

Doch wie gesagt: alles ist Annas Traum. Offenbar ein heilsamer, denn schlussendlich bleibt sie, wo sie herkommt: im alten Zuhause. Auch für Iduna ist der Wunsch nach einer „bürgerlichen Existenz“ schnell wieder vom Tisch. Und so kommt es, wie es kommen muss oder soll: Robert der Gärtner und seine Anna erhalten den elterlichen Segen, Alexander und Iduna ziehen mit dem Zirkus weiter.

Eine einfache Geschichte, die aber nicht plump, kitschig oder klischeehaft in Szene gesetzt wird. Sondern mit Liebe zum Komödiantischen, mit einer Prise Ironie. Und da zieht auch das Solistenensemble mit. Allen voran sämtliche Onkel und Tanten. Eva Aasgaard ist die träumende, liebende, hoffende Anna, Andreas Bieber der schmachtende Robert – ein Pendant zum Freddy der „My Fair Lady“. Und Bieber bringt genau solch eine fantastische Stimme mit! Peter Bording liefert einen grandiosen Zirkusdirektor, Margarita Turner die resolute Köchin. Turner, das Aalto-Urgestein, verabschiedet sich mit dieser Rolle aus ihrem Festengagement. Allein Astrid Kropp enttäuscht, nicht nur im Kronjuwel des „Feuerwerks“, eben dem „O mein Papa“. Ihre Stimme ist oft unkontrolliert, flackerhaft – und in Sachen Intonation immer im Ungefähren. Schade.

Florian Ziemen leitet die Essener Zirkuskapelle. Ja, die Zirkuskapelle! Die Philharmoniker nämlich sitzen wie im Zirkuszelt: auf einer Galerie oberhalb der Spielfläche. Eine so grandiose wie klanglich wirkungsvolle Idee.

Großer Jubel nach dieser Premiere, die zweifellos ein Plädoyer ist für „Das Feuerwerk“. Paul Burkhard, 1911 in Zürich geboren und 1977 in Zell gestorben, erlebt derzeit in der Schweiz eine Renaissance. Die könnte vielleicht bald auch auf Deutschland übergreifen. Wenn seine Bühnenwerke so umsichtig wie hier in Essen realisiert werden.

Christoph Schulte im Walde


Fotos: Matthias Jung