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Fakten zur Aufführung 

LA FANCIULLA DEL WEST
(Giacomo Puccini)
10. März 2002 (Premiere)

Aalto-Theater
(Essen)

Points of Honor                      

Musik

Gesang

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MINNIES TRIUMPH

Violá: Una Diva! Mit intensiver Darstellung, stupender Ausstrahlung und rasanter Stimme erfüllt Francesca Patané alle hochgespannten Erwartungen, die an eine italienische Operndiva gestellt werden können. Wolfgang Brendel kann ihr mit enormer Stimmenpower Paroli bieten, während Mikhail Davidoff vor soviel vokaler Urgewalt eher zaghaft wirkt; doch finden sich mit den unverwüstlichen Marcel Rosca und Karoly Szilagyi gleichwertige Partner im Ensemble. Dass die Charaktere eindimensional geraten, liegt am Plot - es geht eben ums schlichte amerikanische "Lebensbewältigen" mittels Saufen, Kartenspielen, Weiber aufreißen und Räuber lynchen.

Die Regie von Guy Joosten kann sich nicht entscheiden, ob es um eine Western-Opera, einen musikalischen Italo-Western, eine sizilianische Milieustudie (in den Westen verlegt) oder um ein Sittenbild vergangener Zeiten geht (das Bühnenportal als goldener Gemälderahmen spricht für letzteres) - entwickelt Stärken in den dramatischen Bewegungen des Chors, obwohl auch hier nicht klar ist, ob permanentes Bewegungstheater gewollt ist oder der suspense-erzeugende Wechsel von Hektik und Statik.

Johannes Leiacker baut nicht zum ersten Mal eine Bühne im Aalto und kennt die Probleme der ungeheuren Größendimensionen. Das monströse Tunnelloch des dritten Akts wirkt faszinierend, der Kneipe fehlt die Intimität, Minnies Hütte beeindruckt durch die optischen Verweise auf die Unendlichkeit außerhalb der Enge - auf alle Fälle finden sich opulente Präsentationsräume für hochattraktives Startheater! Die Kostüme von Klaus Bruns lassen Leones Italo-Western assoziieren, reduzieren die Szene aber schlussendlich auf Goldgräber-Folklore.

Puccinis facettenreiche Komposition wird von Stefan Soltesz mit den Essener Philharmonikern und ihren Solisten (!) "stimmungsvoll"-sensibel interpretiert: folkloristisch, klassisch-puccinesk, Anleihen an Dvoraks "Neue Welt" - spannungsvoll, lyrisch, dramatisch zupackend.

Doch bei aller Kunstkompetenz und dem zelebrierenden Ablauf mit zwei Pausen - das Dilemma bleibt: Libretto und Partitur fehlt das zwingende tragische Moment!

Der übliche Essener Premierenjubel weiß allerdings zu unterscheiden zwischen Bewunderung für eine Super-Patané, einen souveränen Soltesz, ein brillantes Sängerensemble und eine indifferent effektvolle Regie. Auch die Pausengespräche belegen es: in Essen entsteht eine "Staatsopern-Kultur" à la Zürich, Wien oder Berlin. Aber braucht die dichteste Opern-Region Europas nicht ein solches Haus?! (frs)